Als neue Präsidentin der Europäischen Kommission hat Ursula von der Leyen Ende des Jahres 2019 die Pläne der Kommission für die finanzielle Seite des europäischen Green Deals präsentiert. 100 Milliarden Euro sollen nach dem Willen der Kommission den Mitgliedsstaaten jedes Jahr bis 2030 für den Übergang zu einer nachhaltigen Energiezukunft und zur Begrenzung des Klimawandels zur Verfügung stehen. Die hohen Geldmittel werden einen wesentlichen Einfluss darauf haben, in welchen Bereichen die Forschung verstärkt, Investitionen getätigt und welche Technologien zur Marktreife entwickelt werden. Ursprünglich war zu befürchten, dass auch die Kernenergie von diesen Mitteln profitieren sollte.

Diese Tendenzen Kernenergie als Teil der Energiewende zu platzieren, die Kernenergie mit erneuerbaren Energieträgern gleichzustellen, beobachtet die WUA als Atomschutzbeauftragte der Stadt Wien seit dem Jahr 2010. Immer wieder wurde versucht Fördertöpfe der Europäischen Union zur Finanzierung völlig unwirtschaftlicher und im nationalen Kontext praktisch nicht darstellbarer AKW-Neubauten heranzuziehen. Mittlerweile haben sich die „neuen“ AKW in Europa (Flammanville, Olkiluoto und der Weiterbau des AKW Mochovce) zu finanziellen Desastern ungeahnten Ausmaßes entwickelt.

Europäisches Städtenetzwerk CNFE

Das von Stadträtin Ulli Sima, im Jahr 2011 als Reaktion auf die nukleare Katastrophe in Fukushima, initiierte europäische Städtenetzwerk CNFE (Cities for a Nuclear Free Europe) hat sich diesen Versuchen immer wieder entgegen gestellt. In kontinuierlicher Arbeit wurde mittels wissenschaftlicher Untersuchungen und Publikationen die solide argumentative Grundlage geschaffen um letztlich zeigen zu können, dass die Kernenergie weder wirtschaftlich sinnvoll noch energietechnisch notwendig und keinesfalls nachhaltig oder CO2-neutral ist. Immer wieder hat CNFE ihre Position sowohl dem Europäischen Parlament als auch der Europäischen Kommission kommuniziert. Dieser beharrliche Dialog mit den Europäischen Institutionen hat jedenfalls seinen Beitrag geleistet, dass Kernenergie nicht mit erneuerbaren Energieträgern in der Förderung gleichgestellt wurde.

Auch bei den Geldern, die nun im Rahmen des Green Deals fließen sollen, kann es jetzt ein Aufatmen geben. Wie die Kommissarin Elisa Ferreira jüngst klarstellte, ist Kernenergie von den Geldern des „Gerechten Übergangsmechanismus“ ausgeschlossen. Das ist eine gute Nachricht, allerdings werden die Europäischen Staatsspitzen im Juni 2020 über den Vorschlag der Kommission noch diskutieren. Und Finnland, Frankreich, Tschechien und Ungarn hoffen noch immer, dass die enormen Kosten für ihre Fehlinvestition in die Kernenergie von Europa beglichen werden.

Für die notwendige Energiewende in Europa werden große Anstrengungen notwendig sein. Alle Sektoren werden einen Beitrag für das Gelingen leisten müssen. Im ersten Schritt ist ein bewusster und sparsamer Umgang mit Energie und Ressourcen die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Wandel. Im zweiten Schritt sind der engagierte Ausbau von erneuerbaren Energieträgern und der gleichzeitige Ausstieg aus fossilen und nuklearen Energieträgern zu forcieren. Wichtig ist auch, keine Ressourcen in Sackgassentechnologien wie die Kernenergie zu stecken. Die WUA wird an dem Thema dranbleiben und für die Menschen in Wien - gemeinsam mit europäischen Partnern - Beiträge zur Erreichung des Ziels einer Energiewende in Sicherheit zu leisten.

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