Aktualisierte Studie der WUA empfiehlt Maßnahmen gegen das Auswaschen von Bioziden aus Fassaden
Wärmegedämmte Fassaden sind heute Standard und aus Klimaschutzgründen auch unverzichtbar. Die häufigste Art der Wärmedämmung erfolgt mit Styroporplatten und einem dünnen Außenputz darüber. Bei Temperaturschwankungen bildet sich sehr leicht Kondenswasser, weil die Wärme aus dem Inneren des Gebäudes nicht mehr nach außen abgegeben wird. Auf der häufig feuchten Oberfläche siedeln sich dann gerne Algen und Pilze an und bilden einen grau-grünlichen bis schwarzen Belag. Er beeinflusst nicht die Haltbarkeit oder Tragfähigkeit des Gebäudes, aber seine Schönheit.

Um solche Beläge zu vermeiden, wird deshalb routinemäßig jeder Dünnputz mit sogenannten Bioziden ausgestattet. Das sind Wirkstoffe, die lebende Zellen abtöten und die Bildung von Pilzen und Algen für einige Jahre verhindern. Bei Starkregen werden die Wirkstoffe jedoch ausgewaschen und gelangen in Boden und Gewässer.

Die WUA hat beim Technischen Büro Klade eine Literaturstudie in Auftrag gegeben, um die potentiellen Auswirkungen dieser Biozide auf Umwelt und Gesundheit einschätzen zu können. Die Ergebnisse über die aktuelle Praxis sind Besorgnis erregend.

Fassadenschutzmittel sind stark umweltgiftig

Insgesamt wurden drei Algizide und fünf Fungizide erfasst, die den mitteleuropäischen Markt für Fassadenschutzmittel dominieren. Dabei zeigte sich folgendes Bild: Das Biozid Carbendazim ist nachgewiesenermaßen mutagen und gefährdet - wie auch Zinkpyrithion – das Kind im Mutterleib, bei zwei weiteren Bioziden (Isoproturon, Diuron) wird eine krebserregende Wirkung vermutet. Fünf Biozide mit den Kurznamen OIT, IPBC, DCOIT, sowie Carbendazim und Terbutryn sind hautsensibilisierend, können also Allergien auslösen. Alle acht Biozide sind als langfristig gewässergefährdend eingestuft. Die Wirkstoffe Zinkpyrithion, Terbutryn, OIT und DCOIT weisen eine extrem hohe Giftigkeit gegenüber Wasserlebewesen auf. Keines der acht Biozide wird nach den OECD Screening-Tests als leicht biologisch abbaubar ausgewiesen. In empirischen Studien zeigten jedoch die Biozide OIT, IPBC, DCOIT und Zinkpyrithion eine rasche Abbaurate. Ihre gewässerschädigende Wirkung wird deshalb laut Schweizer Umweltetikette als geringer angesehen als bei den anderen vier Bioziden.

Seit langem ist bekannt, dass einige der dazu verwendeten Biozide ein erhebliches Umweltproblem darstellen. So fordert die Europäische Wasserrahmenrichtlinie den Eintrag der als Fassadenschutzmittel verwendeten Wirkstoffe Isoproturon, Diuron und Terbutryn in die Gewässer schrittweise zu reduzieren.

Keines der den Markt dominierenden Biozide kann empfohlen werden. Auf jeden Fall sollte der Einsatz von Diuron, Isoproturon, Terbutryn und Carbendazim auf Grund ihrer erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften vermieden oder zumindest verringert werden.

Maßnahmen bauseitig, konstruktiv oder Biozide verkapseln

Die WUA empfiehlt aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse folgende Änderungen in der Vorgangsweise:

Technische Maßnahmen in der Planungsphase: In Übereinstimmung mit den vom deutschen Umweltbundesamt veröffentlichten Entscheidungshilfen empfiehlt die Wiener Umweltanwaltschaft daher bei der Auswahl der Beschichtung soweit möglich mineralische oder kunstharzgebundene Farben und Putze, Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) mit dem Blauen Engel (RAL-UZ 140) oder vergleichbare Systeme zu bevorzugen und Farben und Putze mit zusätzlicher biozider Ausrüstung zum Filmschutz zu vermeiden.

Kann auf den Einsatz von Bioziden in Fassaden nicht gänzlich verzichtet werden, dann sollten die bioziden Wirkstoffe ausschließlich in verkapselter Form zum Einsatz kommen. Bei der Verwendung verkapselter Biozide ist der Austrag in die Umwelt vermindert. Bauherren sollten von den jeweiligen Herstellern eine entsprechende Produktspezifikation verlangen. Im Rahmen der geplanten EU-Neuzulassung von marktgängigen Biozid-Produkten sollte der Einsatz von nicht verkapselten Bioziden gänzlich verboten werden.

Bei der Wirkstoffauswahl ist den Fungiziden OIT, IPBC und DCOIT eher der Vorzug zu geben, da sie in empirischen Tests leichter abbaubar waren als die anderen Wirkstoffe und kein krebserregendes, mutagenes oder fruchtschädigendes Gefährdungspotential aufweisen.

Aktualisierte Studie "Entscheidungshilfe des Biozideinsatzes in Fassadenbeschichtungen", Technisches Büro Klade im Auftrag der WUA

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