Benedikt Heger, Wiener Umweltanwaltschaft
Der Frühling in Wien erwacht, Knospen beginnen zu sprießen und viele Zugvögel, die den Winter im warmen Süden verbracht haben, finden langsam ihren Weg zurück in unsere Gefilde. Wenn die Sonne scheint und die Temperaturen angenehmer werden, zieht es natürlich auch uns Menschen wieder vermehrt nach draußen. Wieder im Grünen wandern zu können, wäre nun der große Wunsch von Vielen. Leider sind aber Wiens Laubbäume, die einen großen Teil unserer Baumwelt ausmachen, im März noch nicht wirklich bereit uns ihre wunderschöne grüne Kulisse zu enthüllen.
Doch Wien wäre nicht Wien, wenn es nicht in seiner Umgebung die perfekte Lösung hierfür parat hätte. Ein paar Minuten außerhalb von Liesing befindet sich das Landschaftsschutzgebiet der Perchtoldsdorfer Heide, direkt dahinter beginnt der Naturpark Föhrenberge. Dessen namensgebende Föhren (oder Kiefern) können genau das Gewünschte bieten: immergrüne Wälder und eine wunderschöne Wanderkulisse.
Letztes Wochenende habe ich mich selbst, auf der Suche nach etwas Grünem, mit meiner Freundin Simone auf den Weg dorthin gemacht. Schon bei der Anreise kann man vieles entdecken, wenn man nur die Landschaft aufmerksam beobachtet.
Die Steppe am Rand der Stadt
Die am Weg liegende Perchtoldsdorfer Heide bietet bereits zahlreiche spannende Habitate für Tiere und Pflanzen. Neben dem Weg zum Kiefernwald blühen bereits leuchtend gelbe Frühlings-Adonis in der steppenartigen Landschaft. Der Name der wunderschönen Pflanze entspringt einer antiken Sage. Auch Weidetiere wissen über die Pflanze und ihre Giftstoffe Bescheid: beim Weiden werden sie von den Tieren nicht angerührt und können so das Habitat bequem für sich nutzen.
Auch große Kuhschellen finden sich auf der Heide. Die pelzigen lila Blumen sind perfekt für Frühlingsbedingungen ausgestattet: Ihre Haare dienen ihnen dabei als praktischer Verdunstungsschutz. Zusätzlich verfügen sie über ein tiefgehendes Wurzelsystem.
Simone entdeckt eine Feldgrille, welche in eine von ihr selbst gegrabene Röhre flüchtet. Wir nähern uns vorsichtig und verhalten uns komplett still. Langsam kommt die Grille wieder aus der Röhre. Dies tut sie mit dem Hinterleib voraus, um den wichtigen Kopf zu schützen. Es ist ein Männchen, da ihm der charakteristische Legestachel eines Weibchens fehlt. Noch ein paar Sekunden gewartet, schon sitzt die stattliche Feldgrille mit dem typisch groß wirkenden Kopf wieder richtig herum vor der Höhle und mustert uns neugierig.
Wir entfernen uns vorsichtig, um das kleine Tier nicht weiter zu stören. Nach ein paar Minuten Gehzeit an kleinen Weingärten vorbei erreichen wir die Föhrenberge.
Hinaus aus der Stadt, hinein in den Wald
Auch hier gilt es, für mich als Ökologen, die Augen offenzuhalten. Huscht etwas durch das Dickicht der Föhren, so nutze ich gleich mein Fernglas und versuche einen zweiten Blick zu erhaschen. Während ich mit dem Fernglas am Auge gerade einer kleinen Blaumeise nachschaue, entdecke ich an einer Schwarzkiefer ein leuchtendes Grünfink-Männchen (oft auch Grünling) genannt. Wie der Name schon vermuten lässt, zeichnet sich dieser männliche Vogel vor allem durch sein leuchtend grünes Gefieder aus. Als typischer Finken-Vertreter besitzt auch er einen dicken, kräftigen Schnabel mit dem er leicht seine Nahrung wie Samen oder Knospen perfekt verschlingen kann. Als ich gerade nach meiner Kamera greifen möchte, stürzt sich der Grünfink athletisch von seinem Ast und verschwindet in den Büschen. Pech für mich, aber so ist die Natur.
Wir folgen unserem Weg tief in den Wald. Unser Ziel ist eine historische, bewirtschaftete Hütte in der Mitte des Naturparks. Dabei fällt mir auf: Ein weiterer großer Vorteil von Koniferen-Wäldern mit vielen Kiefern ist wohl auch der Geruch. Denn diese Bäume besitzen sehr viel Harz, welches früher an sogenannten Pech-Bäumen gewonnen und dann als effizienter Brennstoff genutzt wurde. Diese Nutzung ist vorbei, aber die Bäume verströmen nach wie vor ihren charakteristischen Harz-Duft: Entspannung-pur für unsere Nasen.
Trinkbrunnen und Kinderstuben
Als wir an einem Teich vorbeikommen trinkt dort gerade ein Eichelhäher. Der farbenfrohe Vogel hat uns gleich entdeckt. Eichelhäher sind mit unseren Rabenkrähen verwandt und stehen ihnen in Sachen Intelligenz kaum nach. Sie legen vorsorglich Wintervorräte an, und bedienen sich auch gerne an Eiern von fremden Vogelnestern. Neugierig beobachtet uns der hübsche Vogel und gibt dabei ein paar schäkernde Laute von sich.
Im Teich findet sich auch Froschleich, erkennbar an seiner klumpigen Struktur. Die kleinen Kaulquappen werden bald schlüpfen und versuchen durch ihre Metamorphose in diesem Teich zu überleben bis sie zu Fröschen geworden sind. Nachdem sie dann als Erwachsene den Teich verlassen haben, kehren sie erst wieder zur Paarung in ihre ursprüngliche Kinderstube zurück und wandern dabei oft weite Strecken. Um diese Kreislaufprozesse möglichst zu bewahren, ist es notwendig, diese wichtigen Gewässer zu erhalten.
Ein Essen unter Föhren
Wir beschließen weiterzuziehen. Bald haben wir dann unser Ziel erreicht und essen im Schatten von ein paar Schwarzkiefern unser verdientes Mittagessen. Die Hütte ist gut besucht, aber nicht zu voll und der Ausblick ist spektakulär. Ein gelungener Abschluss für eine schöne Wanderung.
Ich kann also nur empfehlen, nutzen Sie Ihre Freizeit und stürzen Sie sich in die Natur. Verhält man sich aufmerksam aber zurückhaltend, so offenbart sie uns gerne ihre Schätze. Wien bietet hierfür die idealen Ausgangsbedingungen, egal ob in oder um die Stadt herum: Es gibt vieles zu entdecken, zu wertschätzen und in Folge auch zu bewahren.
© Foto: Benedikt Heger