Benedikt Heger, Wiener Umweltanwaltschaft

Pünktlich zum Start des Frühlings, hatte die Wiener Umweltanwaltschaft die tolle Möglichkeit das Wolf Science Centers (WSC) in Ernstbrunn kennenzulernen und spannende Hintergrundinformationen über die dort stattfindende Forschungsarbeit zu erfragen.

Wissenschaftliches Zusammenspiel von Mensch, Wolf und Hund

wolf1 kleinDas WSC bietet zahlreiche Möglichkeiten für Forschende zusammen mit den Wölfen verhaltensökologische, tiermedizinische und biologische Fragestellungen zu ergründen und damit die großen Beutegreifer besser zu verstehen. Alle stattfindenden Versuche basieren dabei auf der Freiwilligkeit der Wölfe. Denn, die eleganten Tiere werden hier zu nichts gezwungen. Erwünschtes Verhalten wird mit zusätzlichen Leckereinen belohnt.

Diese Forschung funktioniert deshalb so reibungslos, weil hier neben dem Menschen noch eine weitere Art ihre Pfoten im Spiel hat: Hunde! Diese finden sich hier in einer einzigartigen Kombination mit ihren wilderen Artgenossen im Wildpark wieder. Wolf und Hund unterscheiden sich vor allem durch ihre Domestikation, ihre Gewöhnung an den Menschen. Bei der Handaufzucht von jungen Wolfswelpen, werden daher auch gezielt geschulte Hunde eingesetzt, um die wilden Kleinen früh an den Kontakt zum Menschen zu gewöhnen und ihnen die Spielregeln des Zusammenlebens beizubringen. Nur wenn die angeborenen Ängste zum Menschen durch intensiven Kontakt abgebaut werden, ist auch unverfälschte Forschung mit Wölfen möglich.

Die Rückkehr des Wolfes nach Europa wolf2 klein

Doch warum ist es in unserer Zeit so wichtig, gerade den Wolf besser zu verstehen? Auch auf diese Frage liefern uns die Expert*innen im WSC spannende Informationen: Als großer Beutegreifer war der Wolf in Mitteleuropa aufgrund von intensiver Bejagung im 20. Jahrhundert schon zu lange nicht mehr Teil unserer Natur.

Durch die strengen Schutzbedingungen der FFH Richtlinie der EU und den in Österreich vorherrschenden hohen Wildständen feiert er jedoch nun sein Comeback in unseren Gefilden. Trotz der positiven Auswirkungen der Wölfe auf unsere heimischen Lebensräume, ist seine Rückkehr hierzulande durchaus umstritten.

Mit dem Wolf leben lernen

wolf3 kleinWichtige Ökosystemleistungen des Wolfes, wie die wertvolle, natürliche Regulierung des Wildbestands, durch Entnahme von kranken und schwachen Wildtieren, werden gerne übersehen. Die Angst vor dem Wolf ist in Europa vor allem kulturell verankert und entbehrt dabei oftmals fachlichen Grundlagen. Erzählungen und Märchen aus vergangenen Jahrhunderten liefern ein verklärtes Bild der Beutegreifer und rechtfertigen den damaligen bedenkenswerten Umgang mit den ökologisch bedeutsamen Tieren. Wölfe sind bisher in Mitteleuropa keine Gefahr für Menschen. In der Regel meiden die scheuen Tiere den direkten Kontakt zu uns. Ein Faktum der im WSC gezielt durch Handaufzucht und Arbeit mit Hunden abgebaut werden muss.

Ein weiterer Grund für die Skepsis gegenüber den Wölfen ist deren Auswirkungen auf die heimische Viehwirtschaft. Getötete Tiere lassen hier verständlicherweise die Wogen hochgehen. Als Lösung werden oftmals die Forcierung von Wolfabschüssen ins Feld geführt. Dabei ist jedoch gerade die Etablierung von Rudeln ein wichtiger Stabilisator dieser Problematik. Denn die Zuwanderung von neuen Wölfen nach Österreich erfolgt von mehreren Seiten und ist de Facto nicht aufzuhalten. Etablierte Rudel vertreiben umherstreunende Jungwölfe und können gemeinsam leichter Wildtiere, wie etwa Rehe jagen. Daher sind sie auch nicht im selben Maße auf Nutztiere angewiesen. Rudel können weiter auch die Akzeptanz von Herdenschutzmaßnahmen, wie Zäunen oder Schutzhunden, besser verarbeiten und geben diese Gefahren an ihren Nachwuchs weiter. Khorozyan und Heurisch (2016) zeigten diesbezüglich in ihrer Studie, dass durch die Präsenz von Rudeln auch die Nutztierrisse merklich abnahmen. Zerstört man diese Familienverbände durch Abschüsse, werden diese eingeschulten Rudel rasch durch umherstreunende Jungwölfe ersetzt. Neue Konfrontationen mit der Viehwirtschaft sind quasi vorprogrammiert.

Ausblick wolf4 klein

Aus Sicht der Wiener Umweltanwaltschaft muss daher die Etablierung von stabilen Wolfsrudeln Vorrang haben und damit auch der Erhaltungszustand des Wolfes in Österreich verbessert werden. Diese Maßnahmen müssen dabei unbedingt durch effektive Herdenschutzmaßnahmen unterstützt werden, da eine Freilandhaltung von Weidetieren ohne Einschränkung in Zukunft nicht realistisch ist.

Die Wiener Umweltanwaltschaft bedankt sich beim Wolf Science Center Ernstbrunn für die spannenden Einblicke und die geteilte fachliche Expertise. Wer mehr über diese spannenden Tiere erfahren möchte, dem sei der Wildpark Ernstbrunn ans Herz gelegt!

© Fotos: Benedikt Heger

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