Das 11. Wiener Nuklearsymposium widmete sich dem Thema "Endlager für radioaktiven Abfall in Europa und Österreich". Die Beschäftigung mit radioaktiven Abfällen aus Kernenergieanlagen bzw. auch aus Gesundheitswesen und Forschung, gewinnt in der Europäischen Union durch die Euratom-Abfallrichtlinie wieder maßgeblich an Bedeutung. Auch in Österreich wird diese wichtige Diskussion geführt.

Die Teilnehmerzahl des diesjährigen Symposiums war auf Grund der COVID-19-Maßnahmen auf 36 Personen beschränkt. Über eine Onlineschaltung konnten aber auch alle, die keinen Platz mehr bekommen hatten, der Veranstaltung folgen und sich mit Fragen und Kommentaren einbringen. Von dieser Möglichkeit machten rund 60 Personen Gebrauch.

atommuell kleinDer Themenkomplex Endlager für radioaktive Abfälle wird in allen europäischen Staaten immer wichtiger. In der Vergangenheit wurden nennenswerte Mengen an radioaktivem Abfall produziert ohne über eine Entsorgungslösung zu verfügen. Unzureichende Zwischenlager sind bereits legendär und gefährlich. Zusätzlich werden noch immer KKW errichtet, obwohl viele Staaten bereits den Atomaustieg eingeleitet haben. Zu den Staaten mit erneuertem Atomkurs gehört etwa Großbritannien, das erst seit Kurzem nicht mehr der Europäischen Union angehört. Es hat jedoch massive Staatshilfen für den Reaktor in Hinkley Point C beschlossen, welche nun in letzter Instanz vom Europäischen Gerichtshof für mit dem Europäischen Beihilfenrecht in Einklang stehend erklärt wurden.

Zusammenfassung der Vorträge

Radioaktiver Abfall in Österreich und seine Behandlung
W. Neckel, R. Steininger

Aufarbeitung radioaktiver Abfall, Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH, Österreich

Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH (NES) sammelt, arbeitet auf bzw. konditioniert und (zwischen-)lagert allen in Österreich anfallenden radioaktiven Abfall, bis dieser in ein – noch zu bestimmendes – Endlager verbracht werden kann. Grundlage hierfür ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen der Republik Österreich, der Gemeinde Seibersdorf und der NES.

In der Volksabstimmung des Jahres 1978 hat sich die österreichische Bevölkerung gegen die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung entschieden. Dennoch fällt in Österreich – wie in jedem hochentwickelten Industriestaat – radioaktiver Abfall an. Dieser stammt einerseits aus Medizin, Industrie und Forschung und andererseits aus der Dekontaminierung von Anlagen und Laboratorien aus 45 Jahren Forschung und Entwicklung am Standort Seibersdorf, die von der NES durchgeführt wird.

Die NES betreibt zu diesem Zwecke Anlagen und Einrichtungen, um die Sammlung, Sortierung, Aufarbeitung, Konditionierung und Zwischenlagerung des österreichischen radioaktiven Abfalls entsprechend dem aktuellen Stand der Technik und gemäß höchsten Sicherheits- und Strahlenschutzstandards durchführen zu können.

Endlagersuche in Österreich
V. Ehold, H. Fischer (BMK)

Seit vielen Jahrzehnten fallen in Österreich radioaktive Abfälle bei vielen Anwendungen in der Medizin, Forschung und Industrie an. Vor allem auch der Rückbau von ausgedienten Anlagen, die aus einer Zeit stammen, wo Österreich noch Kernenergie zur Energieerzeugung nutzen wollte, führt selbst heute noch zu einem nicht unerheblichen Abfallaufkommen. Diese Abfälle fallen ausschließlich unter die Kategorie „schwach- und mittelradioaktiv“. Hochradioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente fallen nicht zur Entsorgung an, da Österreich bewusst auf die Nutzung von Kernreaktoren zur Energieerzeugung verzichtet.

Österreich bekennt sich zu einer verantwortungsvollen und sicheren Entsorgung seiner radioaktiven Abfälle. Dies wird auch gesetzlich im ersten Grundsatz der nationalen Entsorgungspolitik so reflektiert. Die österreichischen radioaktiven Abfälle werden derzeit bei der Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH im Auftrag der Republik mit modernsten Methoden aufgearbeitet und zwischengelagert. Gemäß dem Nationalen Entsorgungsprogramm wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die für die Bundesregierung für diverse Fragen der künftigen Endlagerung (Konzepte, Zeit- und Ablaufpläne, Transparenzpolitik, ...) Vorschläge ausarbeiten soll.

Situation in Schweden und Finnland
Johan Swahn,(MKG Schweden)

Das schwedische Projekt zur Errichtung eines Endlagers für abgebrannten Kernbrennstoff läuft seit Mitte der 1970-er Jahre. Das geplante Konzept, KBS genannt, will die hoch radioaktiven und gefährlichen abgebrannten Brennelemente über Hunderttausende von Jahren sicher isolieren.

Das geplante Endlager im Kernkraftwerk Forsmark an der Ostseeküste nördlich von Stockholm würde in Tunneln im Granituntergrund in etwa 500 Meter Tiefe liegen. Die langfristige Sicherheit soll durch künstliche Barrieren in Form eines Kupferbehälters, der von einem Lehmpuffer umgeben ist, gewährleistet werden. Seit den 1990-er Jahren hat Finnland dieses Konzept übernommen und realisiert ein ähnliches Endlager in Olkiluoto auf der anderen Seite der Ostsee.

2018 teilte der schwedische Umweltgerichtshof der Regierung mit, dass Probleme mit dem Einsatz von Kupferbehältern auftreten könnten, da es zu Freisetzung von radioaktiven Emissionen über den gesetzlich vorgeschriebenen Dosisgrenzwerten kommen könnte. Bis dato wird das Thema noch immer von der schwedischen Regierung geprüft. Mit einer Entscheidung, die auf neuen Korrosionsergebnissen aus dem LOT-Experiment im Äspö Hard Rock Labor basiert, ist frühestens im Frühjahr 2021 zu rechnen. In Finnland wird in der Zwischenzeit am typgleichen Endlager weitergebaut.

Transmutation und schnelle Brüter
Frieß Friederike (ISR/BOKU Wien)

Der Umgang mit hochradioaktiven Abfällen ist nach wie vor nicht geklärt. Partitionierung und Transmutation (P&T) ist eine Option. Dabei werden die abgebrannten Brennstäbe in verschiedene Materialströme aufgetrennt (Partitionierung). Es wird geplant, das Uran und Plutonium zur Energieerzeugung weiter zur verwenden. Bestimmte Bestandteile werden einem Endlager zugefügt. Die minoren Aktiniden werden in einem schnellen Spektrum bestrahlt, um sie in kurzlebige bzw. stabile Isotope umzuwandeln (Transmutation). Damit soll die Zeit, für die der sichere Einschluss hochradioaktiver Abfälle in einem Endlager gesichert sein muss, deutlich reduziert werden.

Das Versprechen der verkürzten Einschlusszeiten wird anhand eines Radiotoxizitätsindexes begründet, der nur einen Teil des gesamten Problems beschreibt. Weiters benötigt P&T schnelle Reaktorkonzepte, von denen es bis jetzt bestenfalls Demonstrationsreaktoren gibt. Aufgrund der Transmutationseffizienz pro Durchgang ist die mehrfache Bestrahlung des Materials notwendig. Die Umsetzung von P&T bedeutet einen geschlossenen Brennstoffkreislauf über viele Jahrzehnte hinweg, der neben den Reaktoren auch Wiederaufarbeitung- und Brennstofffertigungsanlagen verlangt.

Das Potential abgebrannter Brennstäbe als Ressource
Müllner Nikolaus (ISR/BOKU Wien)

Uran ist ein endlicher Rohstoff. Zwar sind umfangreiche Mengen an Uran in der Erdkruste und in den Ozeanen vorhanden, jedoch ist der Anteil, der energetisch sinnvoll abgebaut oder extrahiert werden kann, klein. Bei derzeitiger Nutzung reichen die Vorräte, je nach Schätzung, von 50 bis zu 150 Jahren.

Um Uran besser nutzen zu können werden in manchen Ländern abgebrannte Brennstäbe wiederaufgearbeitet. Einerseits kann dadurch noch nicht "verbranntes" Uran-235 als wiederaufgearbeitetes Uran weiter verwendet werden, andererseits kann im Betrieb entstandenes Plutonium zu Mischoxid-Brennelementen verarbeitet und einmal in thermischen Reaktoren verwendet werden.

Theoretisch kann dadurch etwa 20 % Uran eingespart werden. Nun ist die Wiederaufarbeitung teuer und mit Risiken verbunden. Dies ist dem Wert, der praktisch eingespart werden kann, gegenüber zustellen. Bei den derzeitig vorherrschend genutzten thermischen Reaktoren ist es fraglich, ob eine solche Bilanz zu Gunsten der Wiederaufarbeitung gedeutet werden kann.

Die Vorträge stehen unter www.nuklearsymposium.at zur Verfügung.

© Foto: https://commons.wikimedia.org

TPL_WUA_ADDITIONAL_INFORMATION