Das KKW Paks ist das einzige Atomkraftwerk in Ungarn und produziert etwa 40 Prozent des in Ungarn verbrauchten Stroms. Trotz des ernsten Störfalls 2003 (INES 3) wurde von den Betreibern des KKW Paks ein Antrag auf Betriebszeitverlängerung gestellt und ein UVP-Verfahren eingeleitet. Die Betriebszeit aller Blöcke (1 – 4) soll um weitere 20 Jahre ausgedehnt werden. Darüber hinaus soll eine Leistungserhöhung um 8 % mittels Änderungen beim Brennstoff und den Kühlmittelkreisläufen erreicht werden. Da Auswirkungen durch die Betriebszeitverlängerung und Leistungserhöhung auf Österreich nicht auszuschließen sind, beteiligte sich Österreich am grenzüberschreitenden UVP-Verfahren, gemäß Artikel 3 der ESPOO-Konvention beziehungsweise gemäß Artikel 7 der EU-UVP-Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung von 97/11/EG. Die Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) nimmt als Atomschutzbeauftragte des Landes Wien an der grenzüberschreitenden UVP teil und vertritt die Interessen Wiens.
Die Wiener Umweltanwaltschaft hat im Rahmen des UVP-Verfahrens und der dazu initiierten öffentlichen Erörterung am 06. Juni 2006 in Mattersburg gemeinsam mit den Vertretern der anderen Bundesländer, des Umweltministeriums, österreichischer Fachexperten und der interessierten Öffentlichkeit ihre Bedenken den Vertretern der ungarischen UVP-Behörde und den Vertretern der Kraftwerksbetreiber dargelegt.
Die Arbeiten zur Leistungssteigerung für die vier Kraftwerksblöcke am Block 4 wurden im September 2006 und jene an Block 1 im Juli 2007 beendet. Bis 2009 soll die Leistungserhöhung auch bei den Blöcken 2 und 3 abgeschlossen sein. Im Zuge der Leistungserhöhung wurden auch die durch den schweren Vorfall 2003 beschädigten Brennstäbe im Block 2 beseitigt. Die einzelnen Blöcke werden nach den Arbeiten je 500 MW bis 510 MW im Vergleich zu 467 MW vor der Erhöhung bereitstellen.
Kritikpunkte der WUA
Besonders kritisch sieht die WUA, dass den Alterungsprozessen und den damit verbundenen Materialveränderungen zu wenig Bedeutung beigemessen wird. In diesem Zusammenhang werden zwar positive Effekte durch die Leistungserhöhung seitens des Betreibers erwartet, ob sich diese einstellen ist allerdings auf Grund der Komplexität der Zusammenhänge unklar. Ein zweiter wesentlicher Kritikpunkt ist, dass hier die Lebenszeitverlängerung für ein KKW ohne Containment beantragt wurde.
Ausbau der Atomenergie in Europa
Aufgrund der hohen Erdölpreise und des Klimawandels wird in mehreren Ländern Europas über den Ausbau der Atomenergie diskutiert. Beispielsweise wurde in Finnland mit dem Bau eines neuen Kernkraftwerkes begonnen – dem ersten seit mehr als einem Jahrzehnt in Westeuropa. In der Slowakei scheint die „Fertigstellung“ der letzten zwei Blöcke des umstrittenen AKWs Mochovce bereits beschlossene Sache zu sein.
Für die Wiener Umweltanwaltschaft ist die Ausweitung der Atomenergie als Konsequenz aus den hohen Erdölpreisen, aber auch als Konsequenz aus dem Klimawandel der absolut falsche Weg. Nur nachhaltige Energiegewinnung kann gewährleisten, dass nicht nachfolgende Generationen die unüberschaubaren Folgekosten unserer heutigen (Kern-)Energienutzung tragen müssen. Auch wenn sich die Kernenergie heute als kostengünstigste Energieform darstellt, so hinterlässt sie ein teures und gefährliches Erbe in Form von nuklearen Endlagerstätten und zerstörten, verseuchten Flächen durch die Brennstoffgewinnung. Diese und andere Fakten, ebenso wie Jahrzehnte an direkten und indirekten Subventionen für die Kernenergie – auch aus militärischen Gründen - werden gerne bei der Berechnung der Kosten der Kernenergie vernachlässigt und führen zu dem bekannten Zerrbild im Vergleich zu anderen tatsächlich nachhaltigen Energiequellen.