In den kommenden Jahren soll im 3. Wiener Bezirk ein neuer klimafitter und lebenswerter Stadtteil als internationales Vorzeigeprojekt – das Village im Dritten entlang des Landstraßer Gürtels – umgesetzt werden. Das 11 Hektar große Areal soll sich durch eine hohe Nutzungsdurchmischung mit sozialer Durchmischung (ein Drittel sozialer Wohnbau) und einer sehr hohen Freiraum- und Aufenthaltsqualität auszeichnen. Die komplexe Lage entlang des Gürtels, macht es notwendig mit gezielten Maßnahmen nach innen orientierte nutzbare Freiräume zu schaffen, die in Kombination mit einer durchdachten Orientierung der Gebäudestrukturen (ausreichende Durchlüftung) und intensiver Bauwerksbegrünung zukünftige Hitzeperioden leichter erträglich machen.

Städtebaulicher Wettbewerb

abbildung1 masterplan village im dritten kleinIm Zuge des vorgelagerten städtebaulichen Wettbewerbs hat die WUA bereits im Jahre 2016 mit der Beauftragung von GREENPASS einen Meilenstein für klimaresiliente Stadtplanung gesetzt und einen wesentlichen Beitrag zu einem qualitativ hochwertigen Wettbewerbsergebnis geleistet. Alle eingereichten Projekte wurden damals einer Vorzertifizierung (Pre-Certification) unterzogen und hinsichtlich ihrer Klimaresilienz begleitet und analysiert.

Im Jahr 2020 beauftragte die WUA GREENPASS mit einer tiefergehenden Analyse des Gewinnerprojektes des städtebaulichen Wettbewerbs hinsichtlich des gezielten Einsatzes von Fassaden- und Dachbegrünungen sowie deren klimatischer Wirkungsleistung und Effizienz. Ziel war es, die grüne Infrastruktur effizient einzusetzen und eine optimale Verortung für deren Einsatz im gesamten Projektgebiet zu identifizieren.

Begrünung von Fassaden und Dächern abbildung2 empfehlungen vorgaben klein

Der gezielte Einsatz von Pflanzen an Fassaden und Dächern kann eine Überhitzung der Stadt reduzieren. Im Fall des Village im Dritten wurden daher Fassaden- und Dachbegrünungen empfohlen und auch erstmals für einen Teil der wohnbaugeförderten Baufelder verpflichtend vorgeschrieben. Mit der wissenschaftlich entwickelten GREENPASS-Methode und den simulationsbasierten Analysen ist es möglich, die Wärmebelastung dieses innerstädtischen Gebietes mit Pflanzen wirksam niedrig zu halten und eine hohe „mikroklimatische Qualität“ sowie Klimaresilienz für die Bewohner*innen zu schaffen und in der Folge zu erhalten.

Ergebnisse der Analyse

abbildung3 auswirkungen lufttempgeratur kleinDie auf dem Expertensystem ENVI-met basierenden Ergebnisse zeigen, dass durch den zusätzlichen Einsatz von Dach- und Fassadenbegrünungen die Lufttemperatur an einem Hitzetag auf Bodenniveau um bis zu cirka -0,6 °C gekühlt werden kann. Die gefühlte Temperatur (PET) wird dabei an besonders exponierten Stellen um bis zu cirka -16 °C kühler wahrgenommen und das Gebiet weist viele großflächige Bereiche mit hohem thermischem Komfort auf. Auch die Oberflächen werden durch die Begrünung deutlich weniger aufgeheizt und speichern weniger Wärme. Dächer und Fassaden bleiben kühl. Dabei ist die Oberfläche der Materialien am Dach um bis zu cirka -32 °C und an den Fassaden um bis zu cirka -6 °C kühler, als ohne Gebäudebegrünung.

Der geringe Versiegelungsgrad sorgt für einen niedrigen Abflussbeiwert und dafür, dass das Regenwasser nicht in die Kanalisation abläuft, sondern den abbildung4 auswirkungen gefuehlte temperatur klein Pflanzen in weiterer Folge zur effektiven Verdunstung zur Verfügung steht. Durch die cirka 3 Hektar Grünflächen mit großem, zentralem Park und mehr als 480 Bäumen werden an einem Hitzetag cirka 128 Kilogramm CO2 gespeichert. Die gesamte Blattfläche aller Pflanzen summiert sich dabei auf fast 17 Hektar Fläche, soviel wie 24 Fußballfelder, und sorgt damit für ein angenehmes Mikroklima und eine hohe Klimaresilienz.

Das Klimaresilienzhandbuch

Die Ergebnisse der Klimaanalyse sind in ein Klimaresilienzhandbuch für das Village im Dritten eingeflossen und sollen als Grundlage für eine klimafitte Planung die Teams/Bauträger unterstützen. Das Handbuch beinhaltet neben Do’s und Dont’s auch ein Urban Climate Tutorial mit Maßnahmen und Empfehlungen, wie auch eine tatsächliche Verortung kritischer Bereiche im gesamten Projektgebiet.

Wie geht es weiter im Stadtquartier

Wichtig ist es, sicherzustellen, dass die erarbeiteten Qualitäten über die Baufeldumsetzung bis hin zur Umsetzung fachlich begleitet und gesichert werden sollen. Die einzelnen Baufelder sollen daher auf ihre Klimaresilienz in ihren Planungen vorgeprüft und als Entscheidungsgrundlage für die Jury aufbereitet werden. Jene Baufelder, die vom wohnfonds_wien bebaut werden, werden im Laufe des Qualitätssicherungsverfahren offiziell eine GREENPASS-Zertifizierung nachweisen. So kann sichergestellt werden, dass die erreichten Qualitäten bis zur Umsetzung erhalten werden. Darüber hinaus soll es gemeinsam mit der ARE Real Estate Development und Partner UBM Development eine quartiersübergreifende Begleitung und auch Zertifizierung hinsichtlich der Klimaresilienz geben.

Wir brauchen in Zukunft klimafitte Grätzel, Stadtquartiere, Stadtteile und Städte. Gegenmaßnahmen zu einer weiteren Erwärmung der Stadt, die Stabilisierung einer für den Menschen angenehmen Aufenthaltsqualität sowie Platz für Bepflanzung, Biodiversität, Wasserhaushalt und Durchlüftung müssen in die Grundlagen der Planung eingehen. Bei den gesamten Planungs- und Umsetzungsprozessen ist jedenfalls jetzt beständige Begleitung notwendig.

Simulationsmodelle, welche die unterschiedlichsten Maßnahmen analysieren, bewerten und auf ihre Wirksamkeit hin prüfen und optimieren können, werden entscheidende Beiträge zur Klimaresilienz der Stadt und ihrer Bauwerke leisten.

Bildbeschreibungen:

Abbildung 1: Masterplan Village im Dritten – Gewinnerentwurf städtebaulicher Entwicklungswettbewerb 2016, © SUPERBLOCK
Abbildung 2: Empfehlungen und Vorgaben hinsichtlich Fassaden- und Dachbegrünungen für Village im Dritten auf Basis der Simulations- und Analyseergebnisse, © GREENPASS GmbH
Abbildung 3: Wirkung der vorgeschriebenen Dach- und Fassadenbegrünungen auf die Lufttemperatur an einem Hitzetag auf 1.5 Meter Höhe für Village im Dritten, © GREENPASS GmbH
Abbildung 4: Wirkung der vorgeschriebenen Dach- und Fassadenbegrünungen auf die gefühlte Temperatur an einem Hitzetag auf 1.5 Meter Höhe für Village im Dritten, © GREENPASS GmbH

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