Die Nutzung von Kernenergie ist nicht nachhaltig. Die immens hohen Schadenspotentiale bei schweren Unfällen und die ungelösten Probleme bei der Lagerung hochradioaktiver Abfälle zeigen dies deutlich. Insbesondere ein schwerer Unfall in einem slowakischen Kernkraftwerk könnte unter ungünstigen Wetterverhältnissen auch Wien treffen. Ein Ausstiegsplan der Slowakei aus der Kernenergie, ähnlich wie jener in Deutschland, wäre für Wien also wünschenswert.

Doch der slowakische Wirtschaftsminister Rusko setzt unter anderem auch mit dem Argument des Klimaschutzes weiter auf den Ausbau der Kernkraft. Auch der italienische Energiekonzern ENEL, der in einem Privatisierungsprozess zwei Drittel der slowakischen Elektrizitätsgesellschaft SE gekauft hat, signalisiert nun grünes Licht für die Fertigstellung der technologisch veralteten Blöcke 3 und 4 im Kernkraftwerk Mochovce.

Was kann Wien tun, um seine Interessen zu wahren und für den Schutz der österreichischen Bevölkerung einzutreten? Die rechtlichen Möglichkeiten sind äußerst begrenzt, auch wenn das jüngste Urteil des Hernalser Bezirksgerichtes gegen das Kernkraftwerk Mochovce ein kleiner Lichtblick ist.

Präsentation der Recherchen von Prof. Löfstedt/Londoner Kings College

Die Wiener Unweltanwaltschaft hat den renommierten Risikoforscher Prof. Dr. Ragnar Löfstedt vom Londoner Kings College beauftragt, die Energiepolitik Österreichs und der Slowakei, im Rahmen von Stakeholder-Interviews in beiden Ländern zu beleuchten und speziell für Wien Vorschläge für eine zielführende Anti-Atom-Politik zu erarbeiten.

Die WUA präsentierte, im Rahmen einer ExpertInnenrunde aus Wissenschaft, NGOs und Verwaltung, Daten und Fakten zur erneuerbaren Energie in der Slowakei sowie Prof. Löfstedts Vorschläge.

Zusammenfassung der Vorträge

"Die Slowakei muss derzeit 85 Prozent ihrer Primärenergieträger importieren, weil sie kaum eigene Rohstoffe besitzen. Die Abhängigkeit vom russischen Gas ist groß, während die Slowakei diese Abhängigkeit aus historischen Gründen weiter verringern und nicht verstärken will. Die Lösung heißt für die Slowaken: Kernenergie – lange Zeit die einzige, wirkliche Hochtechnologie im Land, auf die man auch historisch gesehen stolz ist. Die Risiken werden in der Slowakei als eher vernachlässigbar angesehen und der österreichischen Angst vor der Kernkraft steht man verständnislos gegenüber", erläutert Prof. Löfstedt.

Prof. Wolfgang Kromp vom Institut für Risikoforschung in Wien machte in seinem Vortrag deutlich, dass der Klimawandel zwar schon im Gange ist, die Kernenergie aber aufgrund der langen Bauzeiten für Kernkraftwerke und der begrenzten Uranressourcen, global gesehen sehr wenig für dessen Eindämmung tun könne. Die erste und wichtigste Maßnahme gegen den Klimawandel ist auch laut Prof. Kromp "Energiesparen".

Birgit Benesch von AEE NÖ/Wien präsentierte aktuelle slowakische Energiezahlen aus dem Interreg-Projekt Solar-Strat (Koordination: WUA, Finanzierung EFRE und WUA). Der Sektor der erneuerbaren Energien in der Slowakei ist mit 2,1 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs sehr gering (in Österreich: 23 Prozent) und es wird bisher kaum etwas getan, um diesen Sektor zu fördern. Die Energiepreise liegen ebenso wie der Pro-Kopf-Energieverbrauch in der Slowakei inzwischen fast gleich hoch wie in Österreich. Die Slowaken geben durchschnittlich 13 Prozent ihres Einkommens für Energie (Strom und Heizwärme) aus, die Österreicher nur 3 Prozent. Der Anreiz, Energie zu sparen, ist bei der slowakischen Bevölkerung also im Prinzip höher.

"Will man an der Energiepolitik in der Slowakei etwas verändern, dann durch einen intensiven Dialog zwischen beiden Ländern, der vertrauensbildend wirkt und das Verständnis für den Nachbarn auf beiden Seiten erhöht", meint Prof. Löfstedt abschließend. Gleichzeitig empfahl er gemeinsame Projekte vor allem in den Bereichen Kleinwasserkraft, Biomasse, Fernwärme und Energieeffizienz sowie Schulprojekte zur Bewusstseinsbildung. "Nachholbedarf besteht auch bei gesetzlichen Regelungen und Förderinstrumenten".

Mit Interreg-Projekten wie Direct (PDF-129.KB) und Solar-Strat ist die WUA somit auf dem richtigen Weg, zur Bewusstseinsveränderung in der Slowakei beizutragen.

 

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