Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur der letzten 100 Jahre lässt sich nur durch menschlichen Einfluss (Verbrennung fossiler Rohstoffe etc.) erklären – natürliche Faktoren wie Sonnenaktivität und Vulkanausbrüche reichen nicht aus, um die beobachtete Erwärmung zu begründen. Obwohl längst ein wissenschaftlicher Konsens besteht, dass die rasant voranschreitenden Klimaveränderungen auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sind, werden insbesondere auf Social Media immer wieder Zweifel gesät, um “Unschlüssige” zu überzeugen. Doch was steckt dahinter? Wie können wir Falschinformationen erkennen? Und wie Klimawandelleugner*innen wissenschaftliche Erkenntnisse näherbringen?
Warum leugnen bzw. ignorieren manche die Klimakrise?
Der menschengemachte Klimawandel ist ein äußerst komplexes, beängstigendes Problem. Es ist jetzt notwendig Maßnahmen zu ergreifen, um gravierende Auswirkungen in der Zukunft zu vermeiden. Einige Menschen glauben, dass die Folgen des Klimawandels nur andere Menschen oder zukünftige Generationen betreffen werden, nicht aber sie selbst. Dieses Gefühl mangelnder Betroffenheit kann die subjektiv empfundene Dringlichkeit der Problematik mindern und zur Verdrängung beitragen – besonders, wenn Alltagsprobleme und gegenwärtige Herausforderungen groß sind. Das Ergreifen von Klimaschutzmaßnahmen erfordert tiefgreifende Änderungen unseres derzeitigen Lebensstils. Zurzeit basiert unser Wirtschaftssystem Großteils auf der Verbrennung fossiler Energieträger. Der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“ – große Veränderungen des eigenen Lebensumfeldes werden zumeist als unangenehm empfunden. Menschen befürchten oft, dass Klimaschutzmaßnahmen Verzicht bedeuten. Effektiver Klimaschutz erfordert zudem, dass alle an einem Strang ziehen, was ebenfalls eine große Herausforderung ist.
Informationen, die im Widerspruch zu den eigenen Überzeugungen und Verhaltensweisen stehen, erzeugen eine unangenehme Spannung. Diese sogenannte “kognitive Dissonanz” kann dazu führen, dass Informationen geleugnet oder verzerrt, um diese Spannung zu reduzieren. Dies ermöglicht es weiterhin so zu leben, wie man es gewohnt ist, ohne sich mit den negativen Konsequenzen des eigenen Handelns auseinanderzusetzen.
Die Anerkennung des menschlichen Beitrags zum Klimawandel führt oft zu Schuldgefühlen, die man nicht wahrhaben möchte. Manche fühlen sich von den negativen Auswirkungen auch überwältigt und versuchen, diese zu verdrängen. Andere erkennen das Problem zwar an, glauben aber, dass es allein durch technologische Errungenschaften gelöst wird oder dass andere verantwortlich sind und sie selbst nichts oder nur wenig zum Klimaschutz beitragen können. Aber selbst wenn es größere Treibhausgasemittenten als uns selbst gibt, werden die Konsequenzen nur noch schwerwiegender, wenn wir aus diesem Grund nicht handeln – bei der Begrenzung der Erwärmung zählt jeder noch so klein erscheinende Beitrag, es zählt jedes hundertstel Grad.
Einige Gruppen leugnen den menschengemachten Klimawandel bewusst, um dadurch wirtschaftliche Interessen zu schützen bzw. notwendige Veränderungsmaßnahmen hinauszuzögern. Die Fossilindustrie hat beispielsweise erhebliche Summen in Desinformationskampagnen investiert, um die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen – vergleichbar ist dies mit der Tabakindustrie, welche ab den 1950er Jahren hinsichtlich der negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchens von Tabak bewusst Zweifel gesät hat.
Immer wieder werden statt gesetzlicher Regelungen ausschließlich freiwillige Maßnahmen gefordert, die allerdings oft ineffektiv sind. Einige Menschen unterstützen wiederum nur symbolische Maßnahmen, die das Problem nicht wirklich lösen, aber das Gefühl vermitteln, dass etwas getan wird.
Taktiken von Klimawandelleugner*innen
Klimawandelleugner*innen, die bewusst Klimaschutz verhindern wollen, nutzen verschiedene Strategien, um Zweifel an der Klimawissenschaft zu säen und um die Maßnahmenumsetzung zu verzögern:
• Vermischung von Wahrheiten und Falschinformationen
Argumente werden so formuliert, dass sie teilweise auf Fakten basieren, aber mit irreführenden Informationen vermischt oder mit falschen Schlussfolgerungen versehen werden. Ein Beispiel hierfür ist die Aussage: „Es gibt neben CO2 noch andere Treibhausgase, daher kann CO2 nicht so schlimm sein” oder „Die atmosphärische CO2-Konzentration beträgt nur 0,04 %, da kann der Einfluss auf das Klima doch nicht so gravierend sein”.
Leugner*innen vergleichen oft einzelne Jahre, beispielsweise ein warmes Jahr mit einem kälteren Folgejahr, um zu behaupten, die Temperatur nehme ab. Dabei wird ignoriert, dass für eine verlässliche Trendanalyse mindestens 30 Jahre verglichen werden müssen.
• Verschwörungstheorien
Behauptungen wie „Klimaforschung wird nur betrieben, um Forschungsgelder zu kassieren" sind darauf ausgelegt, Misstrauen zu säen und die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft zu untergraben.
• Unsicherheiten hervorheben
In jeder wissenschaftlichen Disziplin bestehen Unsicherheiten – von Skeptiker*innen wird oft eine 100 %ige Sicherheit gefordert, bevor Maßnahmen ergriffen werden, was faktisch zu Untätigkeit führt.
• Vermeintlich große Online-Präsenz
Kleine, aber lautstarke Gruppen von Klimawandelleugner*innen treten im Internet als große Gemeinschaft auf, oft verstärkt durch Chatbots und künstliche Intelligenz, die Falschinformationen schnell und zielgerichtet verbreiten.
• Pseudoexpert*innen und Institutionen
Institutionen, die oft von der fossilen Industrie finanziert werden, spielen eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung von Desinformationen. Beispiele sind das Competitive Enterprise Institute, European Science and Environment Forum und das Cato Institute.
Eine hilfreiche Übersicht über Klimawandel-Mythen und Fakten zum Entkräften finden Sie beispielsweise in der Publikation „Irrtümer über den Klimawandel - gängige Behauptungen widerlegt”.
Erkennen von Falschinformationen
Im Zeitalter des Internets, mit selbsternannten Expert*innen in sozialen Medien, künstlicher Intelligenz, Bots und Co, wird es immer schwieriger, Falschinformationen zu entlarven. Um Desinformation zu erkennen, sollten folgende Fragen gestellt werden:
- Wer ist Urheber*in der Information?
Welche politischen oder wirtschaftlichen Interessen könnten dahinterstecken? Ein Blick ins Impressum lohnt sich bei Webseiten ebenfalls. - Wer finanziert die Institution oder Person, die die Information verbreitet?
- Sind die Quellen seriös? Reißerische Titel und emotional geschriebene Texte sind oft Indikatoren für Versuche, Meinungen zu beeinflussen, anstatt sachlich aufzuklären.
Wie sieht gelungene Klimawandel-Kommunikation aus?
Schreckensmeldungen in den Medien über Klimawandelfolgen stumpfen oft ab oder führen zur Resignation. Wie erreicht man denn Menschen nun bei diesem Thema am besten? Effektive Kommunikation zum Klimawandel ist essenziell, um Skeptiker*innen zu überzeugen:
Zielgruppenangepasste Kommunikation:
- Hineinversetzen in die Gesprächspartner*innen: Wer ist Ihr Gegenüber? Was sind dessen Motive, Anliegen und Hintergründe?
- Hören Sie aktiv zu, fragen Sie, warum jemand eine gewisse Ansicht vertritt und erkennen Sie die Argumente und Sorgen des Gegenübers an. Überlegen Sie, welche Klimaschutzmaßnahmen für diese Person interessant sein könnten.
- Bei schriftlichen Online-Diskussionen sollten Sie jedenfalls kontern, denn andernfalls bleibt die Falschaussage unangefochten und für zahlreiche Menschen als letztes Wort sichtbar stehen.
Strategien im Gespräch:
- •Suchen Sie nach Gemeinsamkeiten mit Ihrem/Ihrer Gesprächspartner*in. Wenn Sie zum Beispiel beide Kinder haben, könnten Sie die Zukunft der nächsten Generation diskutieren.
- Nutzen Sie das „Wahrheitssandwich“: Beginnen Sie mit einer richtigen Aussage, nennen Sie dann die falsche Aussage und kehren Sie wieder zur wahren Aussage zurück - Wiederholtes bleibt länger im Gedächtnis.
- Konzentrieren Sie sich auf wenige, klare Fakten - wiederholen Sie diese.
- Betonen Sie die positiven Nebeneffekte des Klimaschutzes, wie z.B. saubere Luft (dadurch höhere Lebensqualität, Gesundheit, höhere Lebenserwartung).
- Nutzen Sie erfolgreiche Best-Practice-Beispiele aus anderen Ländern oder Gemeinden, um zu zeigen, dass effektiver Klimaschutz möglich ist und keine Reduktion der Lebensqualität bedeutet.
- Heben Sie eigene Gefühle hervor - insbesondere positive Gefühle und Erfahrungen beim Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen (z.B. schmackhaftes, klimafreundliches Essen)
Durch eine durchdachte und empathische Kommunikation können mehr Menschen für den Klimaschutz und damit für den Schutz unserer Umwelt für künftige Generationen gewonnen werden.
Weitere Informationen finden Sie beispielsweise im „Leitfaden Klimadialog - Empfehlungen für eine wirkungsvolle Klimakommunikation“
Auch die Stadt Wien bietet mit diversen Klima-Bildungsangeboten und einem eigenen Newsletter spannende Möglichkeiten für Bürger*innen sich weiterzubilden:
Diese finden sich etwa auf der Homepage des Klima-Campus und der Klima Seite der Stadt Wien!
Weiterführende Informationen
https://www.klimaaktiv.at/bildung/klimadialog/klimakommunikationstipp/desinformation.html
https://www.klimafakten.de/klimawissen/fakt-ist
https://www.spektrum.de/wissen/covering-climate-now-die-gaengigsten-mythen-zum-klimawandel/1674472
© Fotos: Ramona Cech & Benedikt Heger