Im KKW Temelin ereigneten sich seit Betriebsbeginn mehr als 80 Störfälle, die zeigen, dass das KKW nicht den "höchstmöglichen Sicherheitsstandards" entspricht. Vielmehr zeigt der im Oktober 2005 veröffentlichte ExpertInnen-Endbericht zu Temelin, dass gravierende Sicherheitsfragen noch immer nicht gelöst sind und somit keinesfalls westeuropäische Sicherheitsstandards erfüllt werden. Es wurden seit dem Jahr 2000 zwar schon einige Mängel behoben, jedoch ist die Liste der offenen Punkte noch lang.
Diese aufgelisteten Mängel zeigen, dass der Dialog zwischen Österreich und der Tschechischen Republik weitergeführt werden muss, um die bestehenden Defizite zu beseitigen und auch die Anti-Atompolitik Österreichs zu unterstreichen.
Hochenergetische Rohrleitungen auf der 28,8 m großen Bühne
Es ist ungewiss, ob ein Bruch der hochenergetischen Rohrleitungen auf der 28,8 m großen Bühne werkstofftechnisch auszuschließen ist. Auch bei einem seismischen Auslegungsstörfall können die seismischen Lasten die fluid-dynamischen Lasten übersteigen und dies würde Lecks und Brüche zur Folge haben. Hinzu kommt, dass bei Frischdampfleitungsbrüchen der Reaktor nach einer Schnellabschaltung wieder kritisch werden kann.
Qualifikation der Ventile
Derzeit kann nicht festgestellt werden, ob die Frischdampf- und Sicherheitsventile des KKW Temelin unter den geforderten Bedingungen von Druck und unterkühltem Wasser stand halten. Im Endbericht wird daher gefordert, zusätzliche Information für die Ventil-Qualifikation darzulegen.
Reaktordruckbehälterintegrität
Bei der Reaktordruckbehälterintegrität und Schockbelastung unter Temperatur und Druck gibt es Unsicherheiten in den Material- und Versprödungseigenschaften. Unter diesem Blickwinkel könnte daher die Gesamtsicherheitsreserve bei den Reaktoren von Temelin nicht ausreichend sein. Unsicherheiten gibt es noch im Versprödungsverhalten und der Versprödungstemperatur der Druckbehälter- Werkstoffe.
Integrität der Primärkreislaufkomponenten
Die zerstörungsfreien Prüfungen des Primärkreislaufes entsprechen zwar den westlichen Standards, die Kriterien für die Analyseparameter sind jedoch nicht klar definiert.
Qualifikation von sicherheitsrelevanten Komponenten
Dieser Punkt soll sicher stellen, dass die Sicherheitseinrichtungen im Notfall ordnungsgemäß funktionieren. Im KKW Temelin ist jedoch nicht im ausreichenden Maß dokumentiert, dass die Sicherheitseinrichtungen im Falle eines Störfalls richtig arbeiten. Daher ist dieser Kritikpunkt im Endbericht noch offen.
Erdbebengefährdung des Standortes
In der Nähe von Temelin wurden keine ausreichenden Daten erhoben, um die Erdbebengefährdung richtig abschätzen zu können. Weiters ist die Gefahrenabschätzung, die auf einem Expertensystem basiert, international noch nicht verifiziert. Auch dieser Punkt erfordert noch einen weiteren Austausch von Informationen. So wird von der Expertenkommission eine Datenbasis gefordert, die sämtliche Daten der Umgebung zusammenfassen.
Fragen im Zusammenhang mit schweren Unfällen
Ein kritisches Problem ist die Gefahr des Durchschmelzens der Bodenplatte bei einem schweren Unfall. Obwohl in diesem Fall die Freisetzung von Radionukliden geringer wäre, als bei einem Containment-Versagen, könnte allerdings in weiterer Folge relativ rasch ein Versagen des Containments eintreten. Die mögliche Kühlung bei der Ausbreitung einer Kernschmelze bleibt nach wie vor offen.
Bau des Atommüll-Zwischenlagers
Ende November 2005 wurde bekannt, dass das Umweltministerium der Tschechischen Republik grünes Licht für das Atommüll-Zwischenlager in Temelin gegeben hat, obwohl die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ohne Klarheit über die Beschaffenheit der Container erstellt wurde.