Beitragsseiten

Allgemeines 

Das KKW Beznau liegt am Fluß Aare, nordwestlich von Zürich, cirka 10 Kilometer südlich der deutschen Grenze im Kanton Aargau in der Schweiz. Das Gebiet ist stark besiedelt.

Die beiden Reaktoren von Beznau gehören zu den ältesten der fünf Kernreaktoren zur Energieerzeugung in der Schweiz. Die relativ kleinen Druckwasserreaktoren wurden von der damals noch amerikanischen Firma Westinghouse Ende der 1960iger bzw. Anfang der 1970iger Jahre fertig gestellt und werden seitdem von der NOK (Nordostschweizerischen Kraftwerke AG) betrieben.

Das KKW liegt auf einer halbinselartigen Landzunge am wasserreichen Rheinzufluß Aare, der zu Kühlzwecken verwendet wird. Die Betriebszeit ist nicht limitiert, sondern bleibt auf Grundlage von regelmäßig stattfindenden Sicherheitsüberprüfungen (Periodic Safety Assessments – PSAs) jeweils aufs Neue wirksam, solange bis bestimmte Kriterien nicht mehr erfüllt werden und eine Nachrüstung wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Beznau ist auch als möglicher Standort eines neuen Schweizer KKW in Diskussion, welches die NOK zusammen mit ausländischen Investoren bis 2027 errichten und in Betrieb nehmen möchte. Die veranschlagten Kosten hierfür liegen bei etwa drei Milliarden Euro (vier Milliarden Schweizer Franken). 

Die beiden Blöcke von Beznau sind praktisch baugleich. Jeder Reaktordruckbehälter ist aus rostreiem Stahl gefertigt und 10,70 Meter hoch und 3,66 Meter im Durchmesser mit einer Wandstärke von 17 Zentimeter. Die aktive Zone besteht aus 121 Brennelementen mit je 179 Brennstäben. Die Urandioxid-Brennstofftabletten befinden sich in Zirkaloy-Hüllrohren. Die durchschnittliche Anreicherung von leichtspaltbarem Uran-235 im Brennstoff beträgt etwas über drei Prozent. Die Gesamtmasse an Uran (235U und 238U) im Reaktor beträgt 40 Tonnen je Block. Die Eintrittstemperatur des Primärkühlwassers im Reaktorkern liegt bei etwa 285 °C. Das Kühlwasser wird beim Durchströmen der aktiven Zone auf 312 °C, bei 153 bar Druck, aufgeheizt. Über die beiden Primärschleifen und Dampferzeuger werden 7000 Liter Wasser pro Sekunde umgewälzt. Je Reaktor existieren zwei 190 MWel-Turbogeneratoren. Der in die Turbine eintretende Dampf hat eine Temperatur von 260 °C bei 55 bar.  

Das KKW Beznau betreibt ein lokales Fernwärmenetz mit einer Gesamtlänge von 130 Kilometern in elf Gemeinden der Umgebung. Die so aufgebrachte Gesamtwärmeleistung beträgt maximal 80 MW und reicht zur Versorgung von cirka 15.000 EinwohnerInnen. Bei der Verwendung des Fernwärmenetzes im Winter sinkt der elektrische Wirkungsgrad der Anlage physikalisch bedingt etwas ab, während der Gesamtwirkungsgrad ansteigt.


Wichtige Zahlen im Überblick

 ReaktortypLeistung
(MW elektrisch)
FertigstellungBetriebsende
Beznau-1 Westinghouse Druckwasserreaktor 3651 (380)2 Netzsynchronisation 1969 offen
Beznau-2 Westinghouse Druckwasserreaktor 3651 (380)2 Netzsynchronisation 1971 offen

1Nettoleistung: Netzeinspeisung nach Abzug des Eigenverbrauchs der Anlage
2Bruttoleistung: Inklusive der für den Betrieb notwendigen Leistung

  • Entfernung von Wien (Luftlinie): Zirka 800 Kilometer
  • Anteil der Anlage an der Stromerzeugung in der Schweiz: Zirka 10 Prozent (2006)
  • Anteil der Stromerzeugung aus Kernenergie in der Schweiz: 42,2 Prozent (2006)
  • Jahresstromerzeugung der Anlage: zirka 6,025 TWh (2006)
  • Stromeinspeisung der Anlage seit Inbetriebnahme: 190 TWh (07/2007)
  • Nettostromerzeugung (Verbrauch) der Schweiz insgesamt: 62,1 TWh (57,8 TWh) (2006) 

Bisherige schwere Stör- und Zwischenfälle

Zu schweren Störfällen mit Freisetzung von Radioaktivität in die Umgebung, kam es am Standort Beznau bisher nicht.

30.07.1999: Bei der Wartung wurde am Reaktordruckbehälter von Block 2 ein zwei bis drei Millimeter langer Riss entdeckt. Die strukturelle Stabilität des Druckbehälters ist nach Expertenmeinung dadurch aber nicht beeinträchtigt. Dennoch ist dies ein Zeichen der Komponentenalterung der Anlage mit der einhergehender Degradation.

09.08.2007: Aufgrund Starkregens musste das Wasserkraftwerk Beznau an der Aare vom Netz genommen werden. Das Wasserkraftwerk ist direkt mit dem Stromnetz des KKW verbunden, um eine zusätzliche Notstromversorgung zu ermöglichen. Ohne dieser Notversorgung durch das Wasserkraftwerk darf das KKW nur 24 Stunden betrieben werden. Im beschriebenen Fall, konnte nach der Hälfte dieser Frist das Wasserkraftwerk wieder den Betrieb aufnehmen. Das KKW Beznau verfügt neben der Verbindung zum Wasserkraftwerk, über redundante Notstromdiesel und könnte im Bedarfsfall auch über die Hochspannungsschienen elektrische Energie für den Eigenbedarf verfügbar machen.


Position und Kritikpunkte der Wiener Umweltanwaltschaft

Position

Das KKW Beznau ist für die Stadt Wien aufgrund seiner Entfernung von untergeordneter Sicherheitsrelevanz. Bei einem schweren Unfall mit hoher Freisetzung an Radioaktivität wäre innerhalb Österreichs wahrscheinlich nicht mit Evakuierungsmaßnahmen zu rechnen. Für die verbleibende Laufzeit bis zur Stilllegung (bisher noch offen), muss ein sicherer Betrieb mit entsprechenden Investitionen und Erneuerungen gewährleistet werden. Der außerordentlich hohe Energiebedarf der Schweiz, als Resultat eines konsumorientierten Lebensstandards – wie in Europa allgemein üblich -  muss mit den Risiken und Folgekosten der Energiebereitstellung insgesamt mit Bedacht abgewogen werden. Zahlreiche materialwissenschaftliche Aspekte sprechen gegen einen Betrieb der schweizerischen KKWs von bis zu 60 Jahren, daran kann auch die Schweizer Wertarbeit nichts ändern.

Kritikpunkte

Trotz systematischer Kontrollen und Modernisierungen kommen wesentliche Komponenten der Anlage in die Jahre. Selbst bei ehemals hoher Design- und Fertigungsqualität ist die Lebenszeit, beispielsweise durch die Versprödung der Reaktordruckbehälter, begrenzt. Gegenwärtig wird auch in der Schweiz über die Zukunft der Energieversorgung und den Stellenwert der Kernenergie diskutiert. Auch in der Schweiz findet, wenngleich in viel geringerem Ausmaß als etwa in Österreich oder Deutschland, eine Polarisierung zum Thema Kernenergie statt. Einerseits regt sich Widerstand gegen die Weiternutzung, Betriebzeitverlängerung oder mögliche Neuerrichtung, besonders im Zusammenhang mit der Suche nach einem Endlager für abgebrannte Brennelemente. Andererseits steht die öffentliche Diskussion auch stark im Zeichen weltweit steigender Energiepreise, unsicherer Versorgungslage von fossilen Quellen, den notwendigen Einsparungen von CO2-Emsssionen auf Grundlage des Kyoto Protokolls und den nach wie vor steigenden Stromkonsum der Schweizer. Die Schweiz hat mehrheitlich zugunsten einer Betriebszeitverlängerung der KKW entschieden. Ob es zur Errichtung neuer Anlagen kommen wird, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer fakultativen (eine durch Volksbegehren ausgelöste) Volksabstimmung entschieden werden. Das KKW Beznau verfügt über eine zeitlich unbegrenzte Betriebserlaubnis, solange die Sicherheitsstandards erfüllt werden. Das darf aber über das physikalische Alter der Anlage und die damit verbundenen Sicherheitsbedenken nicht hinwegtäuschen.


Sicherheitssysteme

  • Die Reaktoren von Beznau sind mit einem 90 Zentimeter starken Stahlbeton-Containment mit einem 35 Millimeter dicken, gasdichten Stahlliner umgeben.
  • Die üblichen Sicherheitseinrichtungen wie Containmentsprühsystem, Notkühlsysteme und Notstromversorgung sind in redundanter Ausführung vorhanden.
  • Zwischen der äußeren Containmenthülle und der 35 Millimeter dicken Stahlschicht im Innern, befindet sich ein evakuierter Bereich, der zusätzlich das Austreten von radioaktiven Stoffen unterbinden soll.
  • Im Umkreis des KKWs Beznau sind mehrere Messstellen des „Messnetzes zur Automatischen Dosisleistungsüberwachung in der Umgebung der Kernkraftwerke – Maduk“ installiert, die im Falle radioaktiver Emissionen in der Umgebung frühzeitig alarmieren sollen.

Verwendete Quellen und Links

TPL_WUA_ADDITIONAL_INFORMATION