Bunte Erinnerungen an die Kindheit
Ein Spaziergang durch den herbstlich verfärbten Wald an einem sonnigen Tag gehört zu den Familienausflügen, die auch Kindern Freude bereiten und oftmals lange im Gedächtnis bleiben. Die auf den hohen Bäumen unerreichbaren Blätter liegen jetzt bunt gefärbt vor ihren Füßen und verlangen geradezu danach, aufgesammelt zu werden. Das Laub raschelt beim Gehen und wer einen Haufen zusammenträgt kann sich in ein Blätterbett legen. Aber der Wald bietet noch mehr, mit Kastanien, Eicheln und Bucheckern liefert er kostenlos erstklassiges Bastelmaterial.

Heilung aus dem Wald

laubwald kleinWir fühlen uns im Wald wohl und merken, dass sich unsere Stimmung hebt, wenn wir einige Zeit darin verbracht haben. Dieser positive Effekt wird jetzt wissenschaftlich untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass die heilende Wirkung der Natur viel stärker ist, als wir bisher angenommen haben. Pflanzen kommunizieren mit unserem Immunsystem, ohne dass es uns bewusst wird und stärken dabei unsere Widerstandskräfte. Pflanzen können über Düfte anderen Pflanzen mitteilen, von welchen Schädlingen sie angegriffen werden, und sie können so auch Nützlinge anlocken. 2000 Duftstoff-Vokabeln aus 900 Pflanzenfamilien kennt man mittlerweile. Einige dieser Terpene regen im Menschen die Bildung jener weißen Blutkörperchen an, die für die Krebsbekämpfung zuständig sind.

Biophilia-Effekt

Der Biophilia-Effekt ist die gesundheitsfördernde und heilsame Wirkung, welche die Natur auf den Menschen hat. Dabei geht es nicht um natürliche Arzneimittel, sondern um den Kontakt zur Natur und den Aufenthalt in Wäldern oder auf Wiesen. Der Begriff "Biophilia" stammt von dem bekannten Psychoanalytiker Erich Fromm: Er ging davon aus, dass die Hingabe zur Natur in jedem Menschen angelegt ist. Der Evolutionsbiologe Edward Wilson wiederum hat den Begriff in die Naturwissenschaften eingeführt, indem er von einer genetischen Veranlagung des Menschen spricht, mit anderen Lebewesen in Kontakt zu treten.

Waldbaden

In Japan hat sich auf Basis dieser Erkenntnisse eine Waldmedizin etabliert, eine anerkannte Methode zur Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten, die staatlich gefördert, an Kliniken wald3 kleinangewendet und an den staatlichen Unis erforscht wird. In diesem Zusammenhang ist auch Shinrin-yoku, das bedeutet "Einatmen der Waldatmosphäre", entstanden: das Waldbaden.

Besonders wirksam sind Nadelbäume, welche Cineol, Isopren, diverse Limonene oder verschiedene Pinene abgeben, auf die unser Immunsystem positiv anspricht. Wer jemals an einem heißen Sommertag in einem Kiefernwald Schutz vor der Sonne gesucht hat, wird den würzigen Geruch dieser Bäume nicht mehr vergessen.

Waldluft hilft gegen Krebs, Herzkrankheiten und Diabetes

baum4 kleinWaldluft stärkt unser Immunsystem und kann antikarzinogen wirken. Wie der Mediziner Qing Li an der Nippon Medical School in Tokyo nachgewiesen hat, führt der Kontakt mit diesen Terpenen zu einer signifikanten Steigerung der natürlichen Killerzellen – nach einem Tag oder einem ausgedehnten Waldspaziergang bereits um bis zu 50 Prozent, nach zwei Tagen im Wald um bis zu 70 Prozent!

Die drei wichtigsten Antikrebsproteine Perforin, Granolysin und die Granzyme werden durch den Kontakt mit Waldluft ebenfalls deutlich gestärkt. Sie helfen dem Immunsystem, gefährliche Zellen unschädlich zu machen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Herzschutzsubstanz DHEA durch Waldluft vermehrt produziert wird, sie schützt vor koronarer Herzkrankheit und Herzinfarkt. Eine weitere Zivilisationskrankheit gegen die Waldluft hilft, ist Diabetes II: Bei diesen Patienten kann durch Waldluft und Waldspaziergänge der Blutzuckerspiegel gesenkt werden.

Bäume in der Stadt

Der Wald hilft uns, wieder in diejenige Balance zu kommen, die normal sein sollte. Unser Immunsystem hat immer im Austausch mit der Umwelt funktioniert. Es geht nicht nur um die Gifte undwald2 klein Schadstoffe, die in der Stadt dazukommen, sondern auch um die gesundheitsfördernden Substanzen, die durch die Trennung von der Natur wegfallen. Möglicherweise braucht ein funktionierendes Immunsystem diese Substanzen, da wir und unsere biologischen Vorfahren seit Millionen Jahren daran angepasst sind.

Es geht aber auch um die Wahrnehmung der Bäume, um den psychologischen Effekt. Roger Ulrich, ein schwedischer Gesundheitswissenschafler, hat schon 1983 gezeigt, dass alleine der Ausblick aus einem Krankenhausfenster auf einen Baum dazu führt, dass Patienten nach Operationen schneller gesund werden und weniger Schmerzmittel brauchen als die einer Vergleichsgruppe, die auf eine Wand blicken.

Vor dem Hintergrund des Klimawandels wird heute niemand mehr ernsthaft die Bedeutung von Bäumen in der Stadt bestreiten. Trotzdem gilt es in der Praxis immer wieder auf die vielfältigen positiven Wirkungen gesunder Bäume hinzuweisen, weil der Freiraum in der Stadt ein knappes Gut ist, an das zahlreiche Ansprüche gestellt werden.

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© Fotos: Wilfried Doppler

 

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