Das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Flussbaulichen Gesamtprojekt (FGP) tritt in eine entscheidende Phase:  Vom 21. bis 23.10.2008 fand in der Kulturfabrik Hainburg eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Um die Mängel des Projektes, aber auch die Vorgangsweise von Behörden und Projektbetreibern näher zu beleuchten, haben die Wiener Umweltanwaltschaft und das Forum Wissenschaft und Umwelt am 17.10.2008 zu einem Hintergrundgespräch geladen.

Von der Staustufe Wien bis zur Staatsgrenze soll die Schiffbarkeit der Donau verbessert werden. Die via donau hat zu diesem Zweck ein Flussbauliches Gesamtprojekt (FGP) zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht. Durch Grobkies-Zugabe („granulometrische Sohlverbesserung“) soll die Sohleintiefung der Donau und damit auch das Absinken des donaunahen Grundwasserspiegels gestoppt werden. Neuartige Buhnen sollen mehr Wasser in die Schifffahrtsrinne lenken. Uferrückbauten und die Anbindung von Altarmen sollen eine Dynamisierung der Au bewirken. Die Schifffahrtsrinne soll auf 120 Meter Breite auf 26 Dezimeter Tiefe und im zentralen Teil der Rinne mit granulometrischer Sohlverbesserung auf 28 Dezimeter Fahrwassertiefe ausgebaut werden. Kritisch ist aus der Sicht des Naturschutzes das Ausmaß des Ausbaus der Schifffahrtsrinne und die Vereinheitlichung des Flusslebensraumes in diesem Bereich. Sowohl das Forum Wissenschaft und Umwelt als auch die Wiener Umweltanwaltschaft haben ausführliche Stellungnahmen zur Umweltverträglichkeitserklärung abgegeben, auf die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung in Hainburg eingegangen werden muss. 

Offene Fragen und Forderungen zum FGP 

Das Projekt ist durch einen doppelten Interessenskonflikt geprägt:

  • Die beantragte, über internationale Ausbauempfehlungen hinaus­ge­hende und dem tat­sächlichen Bedarf der Schifffahrt nicht entsprechende Vertiefung der Fahrrinne steht den notwendigen und wünschenswer­ten öko­logi­schen Zielsetzungen des Projekts teilweise entgegen.
  • Die aus ökologischer Sicht sehr begrüßenswerte Gewässervernet­zung bewirkt in der ­eingereichten Form eine Reduktion von Habitatflächen geschützter oder gefähr­deter Le­bewesen.

Es liegt nun an der UVP-Behörde und der Bewilligungswerberin, das vorliegende Projekt so abzuän­dern, bzw. durch Auflagen sicherzustellen, dass folgende Kernforderungen erfüllt werden und

  • die im Projekt selbst genannten ökologischen Zielsetzungen messbar und erreichbar ge­macht und auch tatsächlich verwirklicht werden,
  • die Erhaltung überlebensfähiger Populationen geschützter oder gefährdeter Orga­nis­men nachhaltig sichergestellt wird und
  • für geschützte oder gefährdete Habitate bzw. Habitate, die für die Erhaltung langfristig le­bensfähiger Populationen gefährdeter oder geschützter Arten notwendig sind, recht­zeitig quantitativ und qualitativ mindestens gleichwertige Ausgleichsflächen bereitgestellt werden, insoweit solche Habitate durch das Projekt verkleinert oder beeinträchtigt wer­den.

Eine wesentliche Bedingung ist zunächst, dass unzureichende oder fehlerhafte Projektunterlagen richtig zu stellen bzw. zu er­gänzen sind­. Die Prognosen über die Auswirkungen auf alle gefährdeten oder geschützten Ar­ten sind teils zu er­gänzen und teils nachzuliefern. „Die ökologischen Zielsetzungen sind in qualitativer und quantitativer Hinsicht genau und verbindlich festzulegen. Eine allenfalls erteilte Bewilli­gung ist an die rechtzeitige und vollständige Erreichung der ökologischen Zielset­zungen (als Bedingung) zu knüpfen“, fordert die Wiener Umweltanwältin Dr. Andrea Schnattinger nachdrücklich. Bei gravierenden Abweichungen soll die Bewilli­gung verfal­len. Das Projekt ist so zu verändern, dass vom Projekt keine zusätzlichen Gefahren für vom Aus­sterben bedrohte oder besonders geschützte Arten ausgehen. Das Habitatangebot für vom Aussterben bedrohte oder geschützte Arten ist in ei­nem Aus­maß zu erhalten bzw. bereitzustellen, das ein nachhaltiges Überleben dieser Arten gewährleis­tet. Im Fall von Beeinträchtigungen oder Flächenreduktionen solcher Habitate sind qualitativ und quantitativ mindestens gleichwertige Ausgleichsflächen zu schaffen. Das Habitatangebot für bedrohte oder geschützte Arten muss jederzeit ohne Unterbre­chung ein nachhaltiges Überleben sicherstellen und eine rechtzeitige Neubesiedelung von Ausgleichshabitaten gewährleisten. 

„Bei einem derart komplexen Vorhaben, dessen Auswirkungen zurzeit weitgehend unbekannt sind, ist ein sektoral-technisches Projekt ungeeignet. Es wird daher ein „adaptives Maßnahmenprogramm“ verlangt, das adäquate Reaktionen auf unerwartete Folgewirkungen zulässt. Dies ist umso wichtiger, als die Projekteinreichung gravierende fachliche Mängel und Widersprüche aufweist – von Grundwasser bis Kolmation, von Altlasten bis zu Lebensräumen gefährdeter Tierarten. Es sind daher jedenfalls zahlreiche Ergänzungen der Unterlagen notwendig, um das Projekt genehmigungsfähig zu machen. Das Vorgehen der Projektwerber und der Behörde erschwert Nicht-Regierungsorganisationen leider eine wirkungsvolle und konkrete Beteiligung“, betont Prof. Dr. Christian.

Mehr Informationen:

Stellungnahme der WUA zur Umweltverträglichkeitserklärung (62-KB-PDF)
Gutachten Dr. Jäggi (245-KB-PDF)

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