Am 4. Oktober feiern wir jährlich den Welttierschutztag, um auf das Leid von zur Massenware degradierten Nutztieren, von Haustieren, aber auch von Wildtieren aufmerksam zu machen. Laut österreichischem Tierschutzgesetz ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Das gilt natürlich auch für unsere wildlebenden, tierischen Mitbewohner. Leider richten oft gut gemeinte Aktionen bei Wildtieren vermeidbare Schäden an, die nicht selten zu Leid und Tod führen können. 

Wildtiere füttern? - wenn ja, dann richtig

igel welttierschutztag kleinWildtiere sind nicht auf Fütterung angewiesen und finden in naturnahen Gärten ausreichend Nahrung oder verschlafen den insektenarmen Winter. Wenn Igel allerdings vor dem Winter noch sehr klein oder unterernährt sind - um den Winter zu überstehen, gilt 400 bis 500 g als Minimalgewicht - ist eine Fütterung bzw. notfalls eine Aufnahme und Übergabe an eine Igelpflegestation nötig. Ein abgemagerter Igel ist an einer Einbuchtung hinter dem Kopf erkennbar, welcher deutlich vom Körper abgesetzt ist sowie an einer länglichen (statt birnenförmiger) Körperform mit eingefallenen Flanken und hervorstehenden Schulter- und Hüftknochen.

Igeln darf man keinesfalls für sie unverträgliche Kuhmilch anbieten, wovon sie lebensgefährlichen Durchfall bekommen - sehr fatal kurz vor dem Winter. Geeignet ist zuckerfreies Katzenfeuchtfutter, gegebenenfalls mit einer Prise getrockneter Insekten aus dem Zoofachgeschäft. Zu jeder Jahreszeit kann man eine flache Schale Wasser, die regelmäßig gereinigt wird, bereitstellen.

Wasservögel und Tauben bitte nicht mit Brot und Speiseresten füttern. Einerseits ist die Wasservogelfütterung in Wien ohnehin verboten, andererseits schadet es den Tieren massiv (Brot enthält zu viel Salz, zu wenige Nährstoffe und führt zu lebensbedrohlichen Mangelerscheinungen). Zudem verlernen die Tiere, selbst nach Nahrung zu suchen. Von Speiseresten angelockte Ratten vermehren sich stark und müssen entsprechend der Rattenverordnung bekämpft werden. Die Vergiftung mit Rattengift (Antikoagulanzien) erzeugt sehr viel (vermeidbares) Tierleid. Deshalb ist es wichtig, keine Lebensmittel im Freien zu entsorgen. Speisereste dürfen auch keinesfalls in der Toilette entsorgt werden, da sich Ratten dadurch in der Kanalisation stark vermehren, wo sie folglich auch qualvoll getötet werden müssen. Ungekochte Obst- und Gemüseabfälle (Schalen etc.) gehören in den Biomüll, gekochte Speisereste und tierische Produkte in den Restmüll. Wer das missachtet, lockt Ratten letztlich in einen grausamen Tod, da diese intelligenten Tierchen (mit leider schlechtem Image) sonst woanders und fernab vom Menschen konfliktfrei nach Futter suchen und sich nicht so massiv vermehren würden.

Vögel füttern ist nicht generell verboten, aber nur mit artegerechten Futter und sofern es zu keiner Verschmutzung des öffentlichen Raumes kommt. Zu bedenken ist, dass Stadttauben bei Fütterung zu starker Vermehrung neigen und bei Massenauftreten eine stressinduzierende Konkurrenz um Nistplätze, Krankheit und Konflikte mit Menschen die Folge sein können. Wintervögeln kann man in der kalten Jahreszeit pestizidfreies Freilandvogelfutter oder Nüsse in regelmäßig gereinigten Futterhäuschen anbieten, die katzensicher angebracht werden sollen.

Was tun mit verletzten Wildtieren?

Laut Wiener Naturschutzgesetz ist es verboten, geschützte Tierarten zu fangen, allerdings ist davon die notwendige Pflege verletzter Tiere bis zu ihrer Genesung ausgenommen.feldhamster im bau klein

Zuerst muss aber festgestellt werden, ob das Tier tatsächlich verletzt ist. Sind keine äußeren Verletzungen auf den ersten Blick erkennbar, so kann ungewöhnliches Verhalten ein Indiz dafür sein, dass etwas nicht stimmt. Opfer von Vogelanprall sind manchmal ungewöhnlich “zahm”, sitzen apathisch herum, weisen keine sichtbaren Verletzungen auf, aber gehen leider oft an inneren Verletzungen wie einer Hirnblutung zugrunde. Hier gilt es zuerst, das Tier in einem dunklen, luftdurchlässigen Karton in Sicherheit zu bringen und über einige Stunden zu beobachten und bei mangelnder Besserung einem Tierarzt vorzustellen. Versteckt sich ein Igel einfach nur im Gestrüpp oder kauert ein junger Feldhase in einer Mulde (die Mutter kommt in großen Zeitabständen vorbei und säugt ihr Junges), so ist das völlig normal und erfordert keinen menschlichen Eingriff. Gerade Tierfreund*innen neigen dazu, oft vorschnell vermeintlich verletzte oder hilflose Wildtiere aufzunehmen. Streifen nachtaktive Tiere tagsüber desorientiert umher (z. B. Igel, Siebenschläfer, ...) kann eine Aufnahme empfehlenswert sein. Sitzen beispielsweise tagsüber eine Fledermaus oder ein Mauersegler am Boden (letztere sollten sich stets entweder in der Luft oder im Nest aufhalten) und fliegen nicht weg, dann ist Hilfe tatsächlich nötig. Oft sind Verletzungen am Flügel für Laien nicht zu erkennen.

Bei Wildtieren in offensichtlichen Notlagen (z. B. verfangen in Taubenabwehrnetz/Angelschnüren etc., mit Glas kollidiert, aus dem Winterschlaf erweckt und mager, in Schächten gefangen, desorientiert an gefährlichen Orten wie Straßen etc.) ist unser Eingreifen erforderlich. Aber Vorsicht: Wildtiere, die nicht scheu sind, regungslos herumsitzen oder sich nicht arttypisch verhalten, können auch krank sein und können, wenn sie vor uns Todesangst haben, verletzt sind und große Schmerzen haben auch beißen. Daher immer nur mit dicken Handschuhen behutsam anfassen, ruhig sein und keine hektischen Bewegungen machen.

verletzte fledermaus kleinDurch falsche Pflege können wir leider sehr großen Schaden anrichten und der Pflegling überlebt unsere Fürsorge oft nicht. Daher empfehlen wir grundsätzlich, verletzte Wildtiere nur kurzfristig zur Erstversorgung (z. B. Wasser bereitstellen) aufzunehmen. Niemals sollten wir versuchen, einem Tier Wasser einzuflößen oder Futter ins Mäulchen oder den Schnabel zu stopfen (Erstickungsgefahr). Wasser sollte nur optional z.B. in einer flachen Schüssel, einem verkehrten Marmeladenglasdeckel etc. bereitgestellt werden, geeignetes Futter nur, wenn telefonisch kontaktierte Expert*innen dies ausdrücklich empfehlen.

Vor allem im Frühjahr trifft man wieder vermehrt auf Tierkinder. Grundsätzlich gilt: Jungtiere mit Fell oder einem Federkleid brauchen nur in seltenen Ausnahmefällen (verletzt oder nach mindestens einstündiger Beobachtung aus sicherer Entfernung keine Elterntiere ersichtlich) Hilfe. Gute Handlungsanleitung bei jungen Vogelfindlingen 

Die ideale Zwischenunterkunft und Transportbox für Wildtierpfleglinge ist eine dunkle Schachtel mit Luftzufuhr (Luftlöcher im Deckel), die von allen Seiten sichtgeschützt ist (Vermeidung von zusätzlichen Stress) und mit Stroh, Küchenrollenpapier oder Handtuch ausgekleidet, um die Rutschgefahr zu verringern. Noch nackte, warmblütige Jungtiere sollten wenn möglich zurück ins Nest oder den Bau oder notfalls mitgenommen und mit einer Wärmflasche (ca. Körpertemperatur) versorgt werden. Für alle aufgenommenen Wildtiere gilt: Sie sind Wild- und keine Haustiere, daher bitte, auch wenn sie noch so niedlich aussehen, möglichst wenig angreifen und nicht streicheln.

Wen kontaktiere ich beim Fund verletzter / verwaister Wildtiere?

Am besten ist es, bereits vor der Aufnahme eines Wildtieres Expert*innen anzurufen (Mails, SMS etc. können nicht rechtzeitig beantwortet werden), um situationsangepasste Handlungsempfehlungen einzuholen. Geben Sie Wildtiere nur nach telefonischer Vereinbarung an den jeweiligen Auffangstationen ab! Ansprechpartner sind beispielsweise:

Bei der Bergung größerer, verletzter Tiere (Füchse, Biber, Rehe...) muss man sich unbedingt Hilfe holen (z. B. Feuerwehr/Polizei, Tierrettung MA 49).

Tierwohl - Haustiere vs. Wildtiere

Beim Thema Tierschutz entsteht in gewisser Konflikt zwischen Haustierwohl und Wildtierwohl. Katzenhalter*innen wollen ihren Stubentigern den Freigang nicht verwehren, welche aber folglich ihren Jagdtrieb an einer Vielzahl kleiner Wildtiere (Reptilien, Vögel, Kleinsäuger) ausleben. Tipps zur Reduktion von Katzenopfern

Leinenlose Hunde mit sehr starkem Jagdtrieb und ohne entsprechendem Training lassen sich bei Sichtung potenzieller Beute oft nicht mehr rechtzeitig abrufen und töten oder verletzen teils streng geschützte Wildtiere (z. B. Ziesel, Feldhamster etc.) oder zerstören Teile ihres Baues durch eifriges Graben. Hier gilt es, Kompromisse zu finden. Wo ist die nächste Hundezone oder Hundeauslaufzone, wo keine Leinenpflicht besteht und sich mein Haustier austoben kann?

Hat man einen unfolgsamen Hund, so sollte man eingezäunte Hundezonen bevorzugen. Wenn in einem Gebiet nachweislich Wildtiere leben, die zu einer leichten Beute für Hunde werden könnten, dann lassen wir unseren Hund dort besser an der Leine und suchen für leinenlose Spaziergänge besser andere, konfliktärmere Regionen auf. Tierliebe sollte soweit gehen, dass auch auf andere Tiere Rücksicht genommen wird, zu denen wir nicht so eine enge Bindung haben, die aber genauso unversehrt leben wollen.

Wie man Wildtieren wirklich und dauerhaft helfen kann

Eine naturnahe Gartengestaltung mit ungemähten, “wilden Ecken”, blühenden Wildpflanzen, Stauden (Insekten), Rückzugsorten wie Laub- und Reisighaufen (Igel), Stein- und Totholzhaufen (Reptilien, Amphibien), anvogelanprall opfer klein manchen Stellen für Kleintiere durchgängigen Gartenzäunen (z. B. bodennahe Lücken) hilft Wildtieren am meisten. Dornige Sträucher bieten sichere Verstecke vor jagenden Katzen. Igelliebhaber können auch ein Winter-“Igelhaus” bauen.

Wer seinen Garten nicht durch häufiges Mähen in eine Wüste für Insekten verwandelt, oder gar Mähroboter regelmäßig aufkommende Blüten köpfen und allerlei Kleintiere verletzen und töten lässt, kann eine Oase der Artenvielfalt schaffen. Mit gezielt angelegten Wildblumenflächen ist schon einer Vielzahl an Tieren geholfen - darunter Bestäubern, samen- und insektenfressenden Vögeln, Reptilien, Amphibien, Kleinsäugern wie Igeln, Fledermäusen etc. Garten- und Fassadenbeleuchtung aller Art gilt es zu vermeiden - nicht nur vor dem Hintergrund der Energiekrise sondern auch, weil der Einfluss von Kunstlicht unserer Tier- und Pflanzenwelt enorm schadet

Gerade jetzt im Herbst ist herabfallendes Laub in Gärten wieder ein Thema - Laubbläser (hohe Windgeschwindigkeiten) und Laubsauger sollten dabei keinesfalls zum Einsatz kommen. Einerseits verbrauchen diese viel Energie (bei Verbrennungsmotoren leiden zudem unsere Luftqualität und unser Klima) und töten und verletzen nützliche Kleinstlebewesen.

Der gute, alte Rechen ist und bleibt die umweltfreundlichste Methode, jedoch sollten wir durchaus Laub zumindest in Randbereichen unserer Gärten zulassen, bietet es doch lebenswichtige Überwinterungsquartiere für eine Vielzahl an Tieren wie Amphibien, Igel, Insekten etc. Gleiches gilt für vertrocknete Stängel von Brombeere, Sonnenblumen, Ampfer, Nachtkerze und Co. Über den Winter stehen gelassen, freuen sich stängelnistende- und darin überwinternde Wildbienen wie auch andere Insekten, die an Halmen in ungemähten Bereichen überwintern (z. B. Schmetterlingspuppen, -eier oder -raupen).

Auch auf dem Balkon kann man viele Wildtiere unterstützen, beispielsweise durch die Bereitstellung von:

  • Einer flachen Trinkschale mit regelmäßig ausgetauschtem, frischen Wasser für allerlei durstiges Getier
  • Einem Wellness-Sandbad für Spatzen (einfach eine flache Schüssel mit Sand befüllen)
  • Pflanzenkisten mit heimischen, blühenden Wildpflanzen (Verblühte Pflanzen mit vertrockneten Halmen über den Winter stehen lassen)
  • Früchtetragenden, heimischen Sträuchern im großen Topf
  • Nisthilfen für Insekten, Vögel, Fledermäuse etc.

Sowohl im Garten (z. B. Glashäuser) als auch an unserem Wohngebäude (z. B. große, spiegelnde Fensterscheiben, Wintergärten, gläserner Vorbau etc.) können wir gläserne Vogelfallen durch an der Außenscheibe aufgeklebte Markierungen für Vögel kenntlich machen und sie vor einem leidvollen Tod bewahren. Dabei können wir entweder geprüfte Muster auf der Fensteraußenscheibe aufkleben oder durchaus unserer Kreativität freien Lauf lassen und beispielsweise mit wasserfesten, kontrastreichen (schwarz, weiß, rot oder orange) Fensterfarben Zeichnungen aufmalen, die keine Lücken höher als 5 cm und breiter als 10 cm frei lassen oder 3 mm dicke, Schnüre im 10 cm Abstand vor dem Fenster spannen.

Weiterführende Informationen:

Quellen:

© Fotos: Ramona Cech

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