Eine naturnahe Gartengestaltung nützt uns allen
Die lang ersehnte Zeit, sich wieder an Vogelgesängen, Blütendüften und bunten Farben zu erfreuen, ist gekommen. Die ersten Frühlingsboten sprießen aus dem Boden, Amphibien treten die Reise zu ihren Laichgewässern an, die Natur erwacht langsam. Diese Zeit des Neuanfangs sollte uns dazu ermutigen, den Vorsatz, den eigenen Garten naturnäher zu gestalten, umzusetzen. Wer etwas “Unordnung” und Wildnis zulässt und sich auch einmal überraschen lässt, was die Natur hervorbringt, dem wird eine Vielzahl von Wildtieren als natürliche Schädlingsbekämpfer (z. B. Raubinsekten, Vögel, Fledermäuse, Reptilien, Amphibien), als Bestäuber und als Nährstoffaufbereiter (z. B. Regenwürmer und andere Bodenorganismen) in unseren Beeten zur Seite stehen. In einem abwechslungsreich gestalteten Garten reguliert sich die Natur selbst, womit der Arbeitsaufwand für den Menschen sinkt.

Solch eine Oase der Artenvielfalt kann folgende Elemente beinhalten:

  • Stein-, Kompost- und Totholzhaufen, Hecken, Trockensteinmauern und einen fischfreien Teich mit flachem Ufer
  • Zonen mit unterschiedlichen Bodennährstoff-, Feuchtigkeits-, und Lichtverhältnissen (besonnt, beschattet)
  • Zonen mit unterschiedlich hoher, blütenreicher Vegetation, als auch Bereiche mit offenen, sandigen, lehmigen Bodenstellen

Bei jeglicher Umstrukturierung ist zu beachten, bereits bestehende Nist- und potenzielle Überwinterungsquartiere wie zum Beispiel Laubhaufen oder alte Nützlings-Nisthilfen nicht zu früh zu entfernen und der Natur genug Zeit zum Erwachen zu geben. Abgestorbene, für uns wertlos erscheinende Pflanzenstängel von beispielsweise Königskerze, Brombeere, Distel und Co sollten stehen gelassen werden. Viele Insektenarten, darunter zahlreiche Wildbienen, überwintern oder nisten darin. Frische, markhaltige Stängel (z. B. Brombeere) können im März an manchen Stellen angeschnitten werden, um beispielsweise sich ins Mark nagende Keulhornbienen beim Anlegen neuer Brutzellen zu unterstützen.

Erwachende Wildbienen unterstützen – Nisthilfen

erdhummel cer kleinHummel-Königinnen überwintern alleine und wagen sich im Frühjahr als einer der ersten Insekten aus ihrem Winterquartier. Das Überleben und die erfolgreiche Nistplatzsuche der Königin bestimmen das Schicksal des gesamten Hummel-Staates. Unterstützen können wir Hummeln durch die Bewahrung der ersten blühenden Wildpflanzen (z.B. Kornelkirsche, Krokusse, Schneeglöckchen), durch eine naturnahe Gartengestaltung voll vielfältiger Niststrukturen (z. B. Totholz, Steinhaufen, alte Mäusebauten etc.) oder durch die Bereitstellung einer mit Polsterwolle gefüllten Hummelnisthilfe (Bauanleitung vom Österreichischen Naturschutzbund). Auch für andere, nicht-staatenbildende Wildbienen (Solitärbienen) und Insekten können wir bereits jetzt Nisthilfen bereitstellen. Leider werden auch viele ungeeignete Nützlings-Nisthilfen im Handel angeboten. Der Eigenbau sogenannter „Insekten-Hotels“ kann aber zu einem spannenden Projekt für die ganze Familie werden. Der Gestaltungsspielraum ist groß: Beispiele sind die Umwandlung einer alten Konservendose zu einer Villa für Hohlraumnister gefüllt mit fixierten, hohlen Schilf-, Strohhalmen und Bambusröhrchen oder das Bohren von Löchern in einen Hartholzblock quer zur Holzmaserung. Gute Bauanleitungen stellen beispielsweise der Biologe Paul Westrich oder der Biologie-Professor Werner David zur Verfügung.

Eine wertvolle Blütenpracht schaffen und richtig pflegen

c falter cer kleinEine hohe Pflanzenvielfalt im Garten erfreut nicht nur das Auge, sondern stellt für viele Bestäuber (teilweise mit kleinem Flugradius) ein kontinuierliches, ganzjähriges Nektar- und Pollenangebot bereit. Wir können Bienen, Schmetterlingen und Co das Leben versüßen, indem wir heimische Blütenpflanzen anpflanzen (z. B. Kornelkirsche, Rotklee, Karden, Taubnesseln, Salbei, Thymian, Steinnelken, Flockenblumen etc.), anstelle von Pflanzen mit züchterisch vermehrten Blütenblättern im Zentrum der Blüte (gefüllte Blüten) oder anstatt der für Bestäuber wertlosen Forsythie. Listen geeigneter Pflanzen für Wildbienen und deren Blütezeiten bietet beispielsweise die deutsche Wildtierhilfe an, einen Überblick über geeignete Schmetterlingspflanzen bietet zum Beispiel Global2000. Auch die ersten Kulturpflanzen können im Haus in torffreier Erde vorgezogen oder als Bio-Saatgut im Freiland (z. B. Zwiebel, Radieschen) ausgesät werden. Bestimmte Kulturpflanzen erfreuen neben uns Menschen auch vielzählige Insekten. Beispiele wären Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Lauchgewächse oder, wenn genug Platz vorhanden ist, Obstgehölze wie Apfel oder Pfirsich. Kauft man Jungpflanzen, dann empfehlen sich nur biologisch herangezogene ohne Pestizidrückstände.

kl schneegloeckchen fruehlingskrokus kleinChemischer Pflanzenschutz mit Pestiziden ist im Naturgarten ein absolutes „No-Go“. Diese schaden neben der eigenen Gesundheit auch zahlreichen Nützlingen und dem für gesunde Kulturpflanzen so wichtigen Bodenleben. Stattdessen bietet es sich an, beispielsweise auf Mischkulturen und eine abwechslungsreiche zeitliche Abfolge angebauter Pflanzen (Fruchtfolgen), mechanische Barrieren (z. B. Gemüsenetze, plastikfreier Schneckenzaun), Pflanzenstärkungsmittel (z. B. Ackerschachtelhalmtee aus der Apotheke bei Pilzbefall) und Nützlinge zu setzen. Naturgärtner*innen hilft auch ein Quäntchen Geduld, da natürliche Gegenspieler meist erst einige Zeit nach den „Schädlingen” auftreten. Erste aufkommende „Unkräuter“ wie Brennnesseln sollten wir dulden und in wilden Ecken bewusst fördern, da sie wertvolle Futterpflanzen für viele Insekten wie Schmetterlinge sind. Stören sie direkt im Beet, dann am besten händisch entfernen anstatt mit Herbiziden. Zum maßvollen Düngen eignet sich Kompost statt synthetischer Düngemittel.

So gelingt ein guter Start ins neue Vogelleben

katze 1 kleinVogel-Nistkästen und Fledermauskästen für Spalten bewohnende Fledermäuse (erhältlich im Fachhandel oder Eigenbau) können aufgehängt werden. Während der Vogelbrutzeit (März bis September), die bei einigen Gartenvögeln wie Amseln bereits begonnen hat, sollten Sträucher und Hecken nicht mehr zurückgeschnitten werden, da sich darin Nester befinden könnten. Ideales Nistmaterial (z. B. abgestorbenes Pflanzenmaterial und Moose) finden viele Arten vor allem in nicht aufgeräumten Gärten. Sollte man also Moos im Garten wirklich zurückdrängen wollen, dann empfiehlt es sich, dieses nach dem Ausreißen zur Abholung für emsige Vogeleltern auszulegen. Gezielt angelegte, lehmige Pfützen unterstützen Schwalben und Kleiber beim Nestbau. Vogelfütterung ist nach wie vor möglich (nicht direkt an Glasflächen/Fensterscheiben), sinnvoller ist aber der Anbau von früchte- und samentragenden Pflanzen (z. B. schwarzer Holunder, gewöhnliche Nachtkerze etc.) oder dornigen und damit raubtierabwehrenden Sträuchern für den Nestbau (z. B. Weißdorn, Heckenrose), um das künftige Vogelleben zu erleichtern.

Katzen sollten in der Vogelbrutzeit im Haus bleiben, da sie trotz ausreichender Fütterung ihrem natürlichen Jagdtrieb folgen. Jungvögel und ihre Eltern werden da zur leichten Beute (siehe auch „Hauskatzen auf der Jagd“).

Immer wieder trifft man im Frühling auf scheinbar verwaiste Jungvögel am Boden, die besorgte Naturfreund*innen oft vorschnell bei sich aufnehmen. Wirklich notwendig ist das nur, wenn es sich um noch spärlich amselkueken cer klein befiederte „Nestlinge“ handelt und keine Möglichkeit besteht, diese in ihr Nest zurückzulegen. Findet man bereits vollständig befiederte Jungvögel, ist menschliches Eingreifen nur dann nötig, wenn sie offensichtlich verletzt sind, sie über längere Zeit nicht von Elterntieren umsorgt werden oder wenn es sich um Mauersegler oder Schwalben handelt. In solchen Fällen ist eine Kontaktaufnahme mit lokalen Wildtierauffangstationen, in Wien beispielsweise die Wiener Wildtierhilfe oder der Wildtierservice der Stadt Wien, notwendig.

Potenzielle Wildtier-Fallen entschärfen

erdkroete cerLiegt der eigene Garten an einer Amphibien-Wanderroute, so ist je nach Temperatur und Feuchtigkeitsverhältnissen bereits Ende Februar mit erhöhtem Amphibienaufkommen zu rechnen. Schlupflöcher im Gartenzaun oder nach unten nicht ganz abgeschlossene Zäune können das Durchwandern des Grundstückes ermöglichen. Wichtig ist in dieser Zeit, potenzielle Amphibienfallen im Garten z. B. Licht- und Brunnenschächte, Kellerstiegen, ebenerdige Swimmingpools regelmäßig nach Amphibien abzusuchen und abzusichern (beispielsweise durch Fliegennetze, 15 bis 20 cm hohe Schneckenzäune etc.). Eine schnell konstruierte Ausstiegshilfe aus Swimmingpools oder Teichen mit steilem Ufer, zum Beispiel in Form eines am Rand montierten Brettes, bewahrt zahlreiche Tiere vor dem Ertrinken.

Spiegelnde oder durchsichtige Glasflächen und Fensterscheiben sind tödliche Vogel-Fallen. Wir können Vogelanprall verhindern, indem wir beispielsweise klar sichtbare Markierungen an Fensterscheibenaußenseiten mit maximal handflächengroßen Zwischenräumen anbringen. 

Ganzjährig gilt: Finger weg von für viele Wildtiere gefährlichen Rasenmährobotern!

Der Verzicht auf nächtliche Gartenbeleuchtung erleichtert nachtaktiven Tieren und schlafenden tagaktiven Arten das Überleben und schont auch unseren Schlaf und unsere Geldbörse.

Mit der Umsetzung dieser Tipps steht einem erfolgreichen Start ins naturnahe Gartenjahr nichts mehr im Weg. Unsere umfangreiche Broschüre "Natur ist genau „meins“ bietet zahlreiche Tipps zur Schaffung einer Natur-Oase im eigenen Garten und vertiefende Ausführungen der hier angesprochenen Punkte. Sie kann zusammen mit zahlreichen Postern und Foldern unter Naturschutz und Stadtökologie kostenlos bestellt werden.

Quellen:

Weitere Informationen:


© Fotos: Ramona Cech, Katze: Andrea Schnattinger

TPL_WUA_ADDITIONAL_INFORMATION